Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht
- Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht
- WEG: Die 16 häufigsten Fragen zur Einberufung der Eigentümerversammlung
- WEG: Die sechs häufigsten Fragen zur Durchführung der Eigentümerversammlung
- WEG: Die fünf häufigsten Fragen zum Stimmrecht in der Eigentümerversammlung
- WEG: Was kann der Eigentümer bei Schäden am Sondereigentum von der Gemeinschaft verlangen?
- Kontoüberziehung durch den WEG-Verwalter
- Nachbarschaftslärm: Was müssen Sie dulden und was nicht?
- Mietvertrag: Diese Fragen sind bei der Selbstauskunft zulässig
- Mietmängel: Irrtum des Mieters über die Höhe der Minderung
- Nebenkostenabrechnung: Die Belegeinsicht
WEG: Die 16 häufigsten Fragen zur Einberufung der Eigentümerversammlung
Die Rechtsprechung zur Frage, was bezüglich der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung zu beachten ist, ufert aus. Die folgende Übersicht beantwortet daher die häufigsten Fragen.
1. Wer kann die Eigentümerversammlung einberufen?
Die Grundregeln zur Einberufung einer Eigentümerversammlung enthält § 24 WEG. Die Versammlung kann vom Verwalter, vom Verwaltungsbeiratsvorsitzenden, eventuell von einzelnen Wohnungseigentümern oder von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer einberufen werden.
2. Was ist zu beachten, wenn der Verwalter sie einberuft?
Die ordentliche Eigentümerversammlung ist vom Verwalter mindestens einmal im Jahr einzuberufen (§ 24 Abs. 1 WEG). Außerordentliche Versammlungen werden meist ebenfalls vom Verwalter einberufen und zwar, wenn er anstehende Probleme nicht – auch nicht als Notverwaltungsmaßnahme i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG – lösen darf.
3. Gelten Besonderheiten, wenn der Verwaltungsbeiratsvorsitzende bzw. sein Stellvertreter einberufen?
Fehlt ein Verwalter, kann die Versammlung auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzendem oder seinem Vertreter einberufen werden. Ein Verwalter fehlt, wenn er tatsächlich nicht bestellt wurde. Er fehlt auch, wenn er zwar bestellt, aber tatsächlich an der Einberufung verhindert ist (z.B. langandauernde Krankheit).
Auch wenn ein Verwalter sich pflichtwidrig weigert, die Versammlung einzuberufen, ist der Verwaltungsbeiratsvorsitzende/dessen Stellvertreter zur Einberufung ermächtigt. Eine pflichtwidrige Nichteinberufung liegt vor, wenn einem Minderheitsverlangen nicht stattgegeben wird. Auch die faktische Verhinderung einer Versammlung durch mehrfaches Verlegen oder langfristiges Hinausschieben stellt eine pflichtwidrige Nichteinberufung dar. Die Einberufung einer Eigentümerversammlung während der Schulferien ist dagegen keine pflichtwidrige Weigerung des Verwalters.
4. Dürfen einzelne Eigentümer die Versammlung einberufen?
Einzelne Eigentümer sind weder berechtigt, noch verpflichtet, die Versammlung einzuberufen. Sie können jedoch vom WEG-Gericht dazu ermächtigt werden.
Die Eigentümerversammlung muss jedoch einberufen werden, wenn dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Eigentümer verlangt wird (Minderheitsverlangen). Die tatsächliche Einberufung erfolgt in derartigen Fällen durch den Verwalter. Die Minderheit hat nur das Initiativrecht.
5. Was ist mit Sonstigen?
Andere Personen als der Verwalter, der Verwaltungsbeiratsvorsitzende oder der Stellvertreter des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden haben kein Einberufungsrecht, auch nicht Grundpfandgläubiger oder Mieter.
6. Welche Fristen gelten für die Einberufung?
Die Frist der Einberufung soll im Regelfall mindestens eine Woche betragen. Ausnahmen bestehen, wenn ein Fall „besonderer Dringlichkeit“ vorliegt. Dann darf die Einberufungsfrist verkürzt werden. Kürzere oder längere Fristen dürfen vereinbart werden.
Wird die Einberufungsfrist nicht eingehalten, sind in der Versammlung gefasste Beschlüsse nur nicht für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass sie ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wären. Umgekehrt sind Beschlüsse jedenfalls für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass sie bei rechtzeitiger Einberufung so nicht zu Stande gekommen wären.
7. Wie häufig muss einberufen werden?
Es ist zwischen ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen zu unterscheiden:
Die ordentliche – regelmäßige – Eigentümerversammlung findet einmal jährlich statt. Sowohl kürzere als auch längere Zeiträume können vereinbart werden. Außerordentliche Versammlungen werden nach Bedarf einberufen. Was als Grund für eine außerordentliche Versammlung ausreicht, sollte – beispielhaft – in der Gemeinschaftsordnung geregelt werden.
8. Wo muss die Versammlung stattfinden?
Die Eigentümerversammlung sollte möglichst in der Wohnungseigentumsanlage selbst oder in unmittelbarer Nähe stattfinden. Es ist ein Gebot von Treu und Glauben, die Versammlung dort stattfinden zu lassen, wo ein redlich denkender Wohnungseigentümer sie billigerweise erwarten darf, nämlich im näheren Umkreis der Anlage.
Die Faustformel lautet, dass es den Eigentümern durch die Wahl des Versammlungsorts nicht ungebührlich erschwert werden darf, an der Versammlung teilzunehmen. Selbst eine Versammlung in einem Kellerraum kann zumutbar sein.
9. Was ist bei der Versammlungszeit zu beachten?
Die Versammlung ist für eine Zeit einzuberufen, die die Teilnahme nicht ungebührlich erschwert, also nicht zur Nachtzeit, am Vor- oder Nachmittag eines Werktags, möglichst auch nicht in der Hauptferienzeit. Sie muss zumutbar sein. Die beabsichtigte Einberufung während der Schulferien steht jedoch nicht einer pflichtwidrigen Weigerung des Verwalters zur Einberufung der Versammlung gleich.
10. Welche formellen Anforderungen sind zu beachten?
Die Einberufungsform regelt § 24 Abs. 4 S. 1 WEG. Regelmäßig erfolgt die Einberufung in Textform. Diese verlangt eine in lesbaren Schriftzeichen abgefasste Erklärung. Sie muss die Angabe der Urheberschaft und den Abschluss der Erklärung in geeigneter Weise erkennbar machen.
Eine eigenhändige Unterschrift des Einladenden ist nicht erforderlich. Es ist zulässig, die Einladung per Kopie, Fax oder Datenträger auszusprechen. Ein Ausdruck auf Papier ist nicht erforderlich, es genügt, wenn die Einladung auf einem Monitor gelesen werden kann. Allerdings muss sichergestellt sein, dass der Empfänger die Möglichkeit zum Lesen des Dokuments hat. Das führt dazu, dass meist die herkömmliche Schriftform gewählt wird. Mangelnde Textform führt zur Anfechtbarkeit. Wer trotz fehlender Textform teilnimmt, verzichtet auf die Anfechtbarkeit, jedenfalls, wenn er den Fehler nicht ausdrücklich rügt.
Hinweis: Steht eine Wohnungseigentumseinheit mehreren Personen zu, sind alle zu laden. Daraus können – z.B. bei Erbengemeinschaften – Zustellungsprobleme resultieren. Es empfiehlt sich, die Pflicht zur Bestellung eines gemeinschaftlichen Zustellungsbevollmächtigten zu vereinbaren.
11. Welche Anforderungen sind beim Einberufungsinhalt zu beachten?
Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist es erforderlich, dass der Gegenstand des Beschlusses bei der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung bezeichnet ist. Daraus ergeben sich die folgenden Minimalanforderungen: Bezeichnet sein müssen
- der Tagungsort,
- die Anfangszeit der Versammlung,
- die Tagesordnung und
- der Einladende.
Das Erfordernis der Bezeichnung des Beschlussgegenstands bedeutet, dass die Angaben mindestens so genau sein müssen, dass die Einberufenen vor Überraschungen geschützt sind und ihnen eine Vorbereitungsmöglichkeit gegeben ist. Der Wortlaut muss nicht nur klar, sondern allgemein verständlich sein. Die Anforderungen an die Formulierungen hängen wesentlich von der Bedeutung des Beschlussgegenstands ab. Je bedeutender der Gegenstand, desto strenger die Voraussetzungen.
12. Gibt es Sonderfälle beim Einberufungsinhalt?
Ja. Heißt es in der Einberufung, dass abgestimmt werden soll über die „Wahl eines Verwalters“, ist auch ein Beschluss über die wesentlichen Bedingungen eines Verwaltervertrags zulässig. Dieser Tagesordnungspunkt (TOP) deckt auch die Abwahl des Verwalters.
Unter dem TOP „Erneuerung des Verwaltervertrags“ ist auch eine Beschlussfassung über die Höhe der Verwaltervergütung zulässig.
Die Bezeichnung „außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags“ deckt auch dessen wohnungseigentumsrechtliche Abberufung.
Der TOP „Klageerhebung gegen Baufirma“ umfasst auch die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen diese Firma.
Enthält die Einladung den TOP „Hausgeldabrechnung“, müssen die Geladenen nicht mit einem Beschluss rechnen, der die Kostenverteilung bezüglich eines Aufzugs ändert.
Unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ oder „Sonstiges“ sollte nicht beschlossen werden über:
- Verwendung eines Tischtennisraums als Geräteraum,
- Abwahl des Verwalters,
- Gebrauchszeitregelungen der Waschmaschinen,
- Vorlauftemperatur der Heizung in den Sommermonaten,
- Errichtung einer Nottreppe,
- Anschaffung von zwei Leitern für ca. 400 EUR,
- Anschaffung eines Verlängerungskabels für den Rasenmäher für ca. 50 EUR,
- Vergabe von Gartenarbeiten an Mieter,
- Höhe der Kosten für hausmeisterliche Tätigkeiten in Höhe von ca. 250 EUR.
13. Sind Wiederholungsversammlungen zulässig?
Ja. Voraussetzung: Bei ihrer Einberufung muss darauf hingewiesen werden, dass diese Versammlung ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig ist. Außerdem muss die Wiederholungsversammlung denselben Gegenstand wie die Erstversammlung haben. Wenn bei der Einberufung der Wiederholungsversammlung außer dem Gegenstand der Erstversammlung ein weiterer Gegenstand angekündigt wird, handelt es sich insoweit um eine Erstversammlung. Für diesen TOP muss die Beschlussfähigkeit wie bei der Erstversammlung gegeben sein.
14. Sind Teilversammlungen zulässig?
Insbesondere in großen Mehrhausanlagen bietet es sich an, Teilversammlungen statt einer Gesamtversammlung abzuhalten. Die Zulässigkeit ist streitig. Betrifft eine Angelegenheit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nur eine abgeschlossene Gruppe von Wohnungs-/Teileigentümern, z.B. die Teileigentümer der Tiefgarage, müssen grundsätzlich nur diese darüber abstimmen.
15. Kann eine Teilnehmerliste verlangt werden?
Ja. Jeder Wohnungseigentümer kann vom Verwalter die Auskunft über die Namen und Adressen der übrigen Eigentümer verlangen.
16. Was sind die Folgen fehlerhafter Einberufung?
Fehlt eine Einladung völlig, führt dies zur Anfechtbarkeit gefasster Beschlüsse. Das gleiche gilt, wenn zwar eine Einladung ausgesprochen wurde, dieser aber keine Tagesordnung beigefügt war. Die Nichteinladung einzelner Eigentümer zur Versammlung führt grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse. Wird der Tagungsort in der Einladung vorsätzlich nicht mitgeteilt, sind gefasste Beschlüsse allerdings i.d.R. nichtig. Fällt einem Einladenden nach Absendung der Einladung auf, dass er einen Fehler begangen hat, z.B. die ungenügende Bezeichnung eines Tagesordnungspunkts, kann er diesen Fehler durch eine Nachtragseinladung beseitigen. Beschlüsse zur Erweiterung der Tagesordnung können meist nicht selbstständig angefochten werden. Einzelne Eigentümer sind aber nicht gehindert, die Beschlüsse zur ergänzten Tagesordnung wegen des Einberufungsmangels anzufechten.
WEG: Die sechs häufigsten Fragen zur Durchführung der Eigentümerversammlung
Die Rechtsprechung zur Frage, was bezüglich der Durchführung einer Eigentümerversammlung zu beachten ist, ufert stark aus. Die folgende Übersicht gibt daher einen Überblick über die häufigsten Fragen.
1. Wer muss den Vorsitz führen?
Den Vorsitz führt grundsätzlich der Verwalter. Abweichende Regelungen können vereinbart oder beschlossen werden. Für einen Beschluss genügt eine einfache Mehrheit. Es kann z.B. vereinbart werden, dass der Verwaltungsbeiratsvorsitzende oder ein einzelner Wohnungseigentümer den Vorsitz führt. Ist der Verwalter eine GmbH, kann diese durch eine allgemein vertretungsberechtigte Person (z.B. einen Prokuristen) oder einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter handeln. Die Frage, wer den Vorsitz führt, kann für jeden einzelnen Tagesordnungspunkt gesondert entschieden werden.
2. Wer ist teilnahmeberechtigt?
Der Verwalter ist zwingend teilnahmeberechtigt, die Wohnungseigentümer ebenfalls. Ausnahme: Ein Wohnungseigentümer ist von der Eigentümerversammlung ausgeschlossen worden, weil er diese in einem nicht hinzunehmenden Maße gestört hat. Für derartige Fälle bietet es sich an, dass sich die Versammlung eine Geschäftsordnung gibt, die als letztes Mittel vorsieht, Störer von der Versammlung auszuschließen. Ob dritte Personen, die nicht Wohnungs-/Teileigentümer der betreffenden Anlage sind, teilnehmen dürfen, ist streitig.
Für Berater gilt: Jeder Eigentümer hat das Recht, im Beistand eines Rechtsanwalts an der Versammlung teilzunehmen, jedenfalls wenn ein berechtigtes Interesse hierfür besteht. Das berechtigte Interesse kann sich aus dem hohen Lebensalter des betroffenen Eigentümers oder aus der juristischen Schwierigkeit der Angelegenheit, über die beraten werden soll, ergeben. Trotz Nichtöffentlichkeit der Versammlung ist ein Verwalter befugt, zu einzelnen Tagesordnungspunkten Berater (z.B. Rechtsanwälte oder Architekten) hinzuzuziehen.
Für Vertreter gilt: Es ist jederzeitige Stellvertretung zulässig. In der Gemeinschaftsordnung kann aber bestimmt werden, dass sich ein Eigentümer nur durch bestimmte Personen vertreten lassen darf, z.B. durch den Ehegatten. Der Verkäufer von Wohnungseigentum kann den Käufer bereits vor Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung zur Ausübung des Stimmrechts ermächtigen. Der Verwalter kann nicht wirksam als Vertreter stimmberechtigter Eigentümer über seine eigene Entlastung abstimmen. Vereitelt der Verwalter vorsätzlich die Teilnahme des Vertreters nur eines (unliebsamen) Eigentümers unter Hinweis auf eine Vertretungsbeschränkung in der Teilungserklärung, sind die auf der Versammlung ohne den Vertreter gefassten Beschlüsse nichtig.
Wird ein Vertreter, der seine Bevollmächtigung ordnungsgemäß nachweisen kann, vom Vorsitzenden einer Eigentümerversammlung zurückgewiesen, sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar, sofern die nicht abgegebene/nicht berücksichtigte Stimme erheblich war.
Für Mieter und sachkundige Dritte gilt: Mieter sind teilnahmeberechtigt als Vertreter der vermietenden Eigentümer. Sachkundige Dritte (Anwälte, Architekten) dürfen zu einzelnen Tagesordnungspunkten hinzugezogen werden, wenn es sachlich geboten ist.
3. Was ist für den Ablauf der Versammlung zu beachten?
Jedenfalls in größeren Anlagen ist es sinnvoll, sich eine Geschäftsordnung zu geben, die den Ablauf der Versammlung regelt. Inhalt sollten zumindest Abstimmungsmodalitäten und Redezeitbegrenzungen sein. Je größer die Anlage ist, desto sinnvoller ist es auch, Regelungen zu treffen, wonach einzelne Eigentümer als Ultima Ratio von der Versammlung ausgeschlossen werden dürfen. Hinsichtlich der Beschlussfähigkeit ist zwischen der Erst- und einer Wiederholungsversammlung zu unterscheiden:
- Erstversammlung: Die Versammlung ist nur beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Eigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten. Diese Regelung ist jedoch abdingbar. Nicht stimmberechtigte Eigentümer scheiden aus der Berechnung aus, selbst wenn sie erschienen sind.
- Wiederholungsversammlung: Sie ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig, wenn darauf bei der Einberufung hingewiesen wurde. Fehlt dieser Hinweis, führt das zur Anfechtbarkeit der in der Wiederholungsversammlung getroffenen Beschlüsse.
Nach erstmaliger Feststellung der Beschlussfähigkeit bei Versammlungseröffnung wird der erste Tagesordnungspunkt aufgerufen und zur Diskussion gestellt.
4. Welche Grundsätze gelten bei der Abstimmung?
Wie die einzelnen Abstimmungen durchgeführt werden, muss der Versammlungsleiter entscheiden, sofern nicht durch die Gemeinschafts- oder Geschäftsordnung etwas anderes bestimmt ist. Sofern eine zweifelsfreie Feststellung des Abstimmungsergebnisses sichergestellt ist, kann der Versammlungsleiter die Ja-Stimmen und die Enthaltungen oder die Nein-Stimmen und die Enthaltungen abfragen und als Unterschiedsbetrag zu der Zahl der in der Versammlung vertretenen Stimmen die Nein-Stimmen oder die Ja-Stimmen feststellen. Nachdem die Ja-Stimmen, Nein-Stimmen und Enthaltungen gezählt worden sind, verkündet der Versammlungsvorsitzende das Ergebnis der Abstimmung.
Beschlüsse müssen festgestellt und bekannt gegeben werden. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte im Protokoll der Eigentümerversammlung wird durch Feststellung und Bekanntgabe eines eindeutigen Abstimmungsergebnisses zugleich das Beschlussergebnis konkludent festgestellt und bekannt gegeben. Ohne eine solche Feststellung ist der Beschluss unwirksam und nicht nur anfechtbar.
Eine nur mündliche Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses genügt. Protokollierung ist zur Wirksamkeit nicht erforderlich. Wenn der Verwalter einen gesetzwidrigen Mehrheitsbeschluss als angenommen verkündet, kann dies dazu führen, dass er nach erfolgter Anfechtung des Beschlusses die Verfahrenskosten tragen muss.
5. Welche Regeln gelten für die Niederschrift?
Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist eine Niederschrift aufzunehmen, die vom Vorsitzenden der Versammlung und einem Eigentümer und – falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist – auch von dessen Vorsitzenden/Stellvertreter zu unterschreiben ist. Es ist nur eine Ergebnisfixierung notwendig, kein Verlaufsprotokoll. Ein Anspruch eines Eigentümers auf Aufnahme bestimmter Diskussionsbeiträge besteht nicht.
Die Niederschrift ist vom Versammlungsvorsitzenden anzufertigen. Abweichendes kann beschlossen werden (z.B. Bestellung eines Schriftführers). Der Bestellungsbeschluss ist unanfechtbar. Die Niederschrift muss so früh angefertigt werden, dass sie den Eigentümern eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG zugeht. Wenn der Verwalter die Niederschrift nicht eine Woche vor Fristablauf zugesendet hat, kann ein Eigentümer vorsorglich alle Beschlüsse anfechten. Wird die Anfechtung dann auf einzelne Beschlüsse beschränkt, sind i.d.R. dem Verwalter die durch die ursprünglich weitergehende Anfechtung entstandenen Kosten aufzuerlegen. Beschlüsse einer Eigentümergemeinschaft wirken auch ohne Grundbucheintragung gegen die Rechtsnachfolger von Eigentümern, unabhängig von der Existenz der Niederschrift.
Ein Verwalter, der über eine Eigentümerversammlung eine Niederschrift erstellt, die in wesentlichen Punkten falsch ist, kann für die weitere Führung der Verwaltung ungeeignet sein. Der in einem solchen Fall gefasste Beschluss über die erneute Bestellung des Verwalters ist auf Antrag für ungültig zu erklären. Jeder Eigentümer kann verlangen, dass Fehler im Protokoll berichtigt werden, falls ein dahingehendes Rechtsschutzbedürfnis vorliegt. Wichtig: Das Protokoll darf keine sachlich nicht gebotenen „Wertungen, Schärfen, Bloßstellungen und Diskriminierungen“ enthalten.
Jeder Eigentümer ist berechtigt, die Niederschriften einzusehen. Hiermit ist ein Recht verbunden, Abschriften anzufertigen, eine Pflicht des Verwalters hierzu besteht aber nicht. Er muss auch keine Kopien anfertigen. Fertigt er sie dennoch, hat er einen Aufwendungsersatzanspruch. Insoweit steht ihm ein Vorschussanspruch zu. Das Einsichtsrecht besteht auch nach der Genehmigung der Jahresabrechnung und der Entlastung des Verwalters.
6. Welche Beschlüsse sind mehrheitsfähig?
Mehrheitsfähig sind Beschlüsse über:
- Gebrauchsregelungen (§ 15 Abs. 2 WEG),
- Veräußerungsverlangen (Entziehung des Wohneigentums, § 18 Abs. 3 S. 1 WEG),
- Ordnungsmäßige Verwaltung (§ 21 Abs. 3, 5 WEG),
- Wiederaufbau (§ 22 Abs. 2 WEG),
- Verwalterbestellung und -abberufung (§ 26 Abs. 1 WEG),
- Verwalterermächtigung, Ansprüche geltend zu machen (§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG),
- Verlangen nach Rechnungslegung durch den Verwalter (§ 28 Abs. 4 WEG),
- Wirtschaftsplan, Abrechnung, Rechnungslegung des Verwalters (§ 28 Abs. 5 WEG),
- Bestellung eines Verwaltungsbeirats (§ 29 Abs. 1 WEG).
WEG: Die fünf häufigsten Fragen zum Stimmrecht in der Eigentümerversammlung
Ein häufiger Streitpunkt in Eigentümerversammlungen ist, nach welchen Prinzipien abgestimmt wird und wer an der Abstimmung teilnehmen darf. Die folgende Checkliste beantwortet die häufigsten Fragen hierzu anhand aktueller Rechtsprechung:
1. Wo ist das Stimmrecht geregelt?
Die Kernaussage enthält § 25 Abs. 2 S. 1 WEG: „Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme“. Abweichendes kann aber vereinbart werden (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG).
2. Was bedeutet „Kopfprinzip“?
Der vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfall ist das Kopfprinzip. Danach hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme. Im Ergebnis gibt es soviele Stimmen wie Wohnungseigentümer und umgekehrt.
Das gilt auch, wenn mehrere Wohnungseigentumsrechte in einer Hand vereinigt sind. Es soll dadurch eine Majorisierung verhindert werden. Eigentümer, denen mehrere Wohnungseigentumsrechte zustehen, sollen kein größeres Gewicht haben, als die anderen Wohnungseigentümer.
Wenn das Kopfprinzip gilt, führt die – ohne Einbeziehung der übrigen Eigentümer erfolgte – nachträgliche Aufteilung einer Eigentumseinheit in zwei selbstständige Einheiten nicht zu einer Vermehrung der Anzahl der Stimmrechte.
3. Wann gilt das „Wertprinzip“?
Die gesetzliche Regelung ist nicht zweifelsfrei billig. Immerhin stehen einem Mehrfachstimmrecht erhöhter Kapitaleinsatz, mehr Lasten und mehr Kosten gegenüber. Daher ist es zulässig, das Stimmrecht entsprechend den Miteigentumsanteilen zu regeln (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG).
4. In welchen Fällen sind Eigentümer nicht stimmberechtigt?
§ 25 Abs. 5 WEG enthält Fälle, in denen einzelne Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt sind:
- Rechtsgeschäfte mit Eigentümern: Eigentümer sind nicht stimmberechtigt, wenn es um den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit ihnen geht. Das Rechtsgeschäft muss die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen. Sowohl einseitige als auch mehrseitige Rechtsgeschäfte sind erfasst. Betroffen sind im Regelfall der Abschluss, die Kündigung und der Rücktritt von Verträgen. Realakte – tatsächliche Handlungen – werden von § 25 Abs. 5 WEG nicht erfasst. Wahlen (zum Verwalter oder Verwaltungsbeiratsmitglied) sind keine Rechtsgeschäfte. Einer Mitwirkung steht daher nichts im Wege. Gleiches gilt für die Abberufung eines Verwalters. Ein Mehrheitseigentümer, der zugleich Verwalter ist, ist bei der Abstimmung über die gegen ihn ohne wichtigen Grund ausgesprochene Abberufung und Kündigung des Vertrags nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen. Ein Wohnungseigentümer ist auch nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit jemandem betrifft, mit dem zusammen er eine GbR bildet und wenn das Rechtsgeschäft in Beziehung zu dem Zweck der Gesellschaft steht. Bei der Beschlussfassung darüber, zu welchen gewerblichen Zwecken eine Teileigentumseinheit genutzt werden darf, ist der jeweilige Teileigentümer nicht von der Abstimmung ausgeschlossen. Soweit eine Verwalter-GmbH vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, gilt dies auch für deren Geschäftsführer, der persönlich von einem Wohnungseigentümer Stimmrechtsvollmacht hat. Der Umstand, dass ein einzelner Eigentümer vom Stimmrecht in bestimmten rechtsgeschäftlichen Fragen ausgeschlossen ist, bedeutet nicht, dass dieses Rechtsgeschäft nicht dennoch zu Stande kommen kann.
- Rechtsstreit gegen Wohnungseigentümer: Einleitung und Erledigung eines Rechtsstreits gegen einen Eigentümer sind ebenfalls vom Stimmrecht des betroffenen Eigentümers ausgenommen. Das gilt auch für Rücknahme, Verzicht, Rechtsmittel, Aussetzung, Fortsetzung und Stellungnahme im Prozess. Alle Maßnahmen bezogen auf Fortführung oder Beendigung eines Rechtsstreits sind erfasst. Die Norm ist weit auszulegen. Beschließen die Eigentümer, einen Rechtsstreit gegen einen Wohnungseigentümer und einen Dritten einzuleiten, die wegen Baumängeln am Gemeinschaftseigentum in Anspruch genommen werden sollen, ist der Wohnungseigentümer vom Stimmrecht auch ausgeschlossen, wenn der Dritte verklagt werden soll. Entziehung des Wohnungseigentums: Wer rechtskräftig nach § 18 WEG verurteilt wurde, hat ebenfalls kein Stimmrecht mehr.
- Rechtsmissbrauch: Unabhängig von § 25 Abs. 5 WEG ist ein Eigentümer auch nicht stimmberechtigt, wenn er sein Stimmrecht missbräuchlich ausübt. Insoweit gelten die zu § 242 BGB entwickelten Grundsätze. Allein die Majorisierung als solche begründet noch keinen Rechtsmissbrauch. Das Abstimmungsverhalten eines Eigentümers, der über eine Stimmenmehrheit verfügt, ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn für die Stimmabgabe nachvollziehbare und verständliche Gründe vorliegen).
5. Wann ruht das Stimmrecht?
Es kann vereinbart werden, dass in bestimmten Fällen das Stimmrecht ruht, etwa wenn gemeinschaftsbezogene Verbindlichkeiten (Zahlung des Hausgelds/Wohngelds) nicht erfüllt werden. Ruht das Stimmrecht nach der Gemeinschaftsordnung bei einem Rückstand mit Wohngeldzahlungen, setzt das Ruhen kein Verschulden voraus.
WEG: Was kann der Eigentümer bei Schäden am Sondereigentum von der Gemeinschaft verlangen?
Entstehen Schäden am Sondereigentum, sind die Eigentümer oft unterschiedlicher Ansicht über die Vorgehensweise. Der betroffene Eigentümer dringt verständlicherweise auf eine alsbaldige Beseitigung. Die anderen Eigentümer, die durch den Schaden i.d.R. nicht beeinträchtigt sind, scheuen oft die Kosten.
Beispiel: M. besitzt eine Eigentumswohnung, die in einem ca. 30 Jahre alten Gebäude belegen ist. Kürzlich bildete sich Schimmel im Sondereigentumsbereich. Als Fehlerquelle kommt in Betracht, dass die Außendämmung nur 3 cm dick ist. Das entsprach den bauordnungsrechtlichen Anforderungen des Errichtungsjahres des Gebäudes, nicht jedoch den heutigen Anforderungen (mindestens 7 cm). Der Sondereigentümer verlangt von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, dass diese auf Kosten aller Eigentümer die Außendämmung auf den neuesten technischen Stand bringt. Verwalter V. lehnt dies ab. Er meint, M. müsse auf seine Kosten die Innendämmung erneuern, da Schadensursache allenfalls eine marode Innendämmung sei, für die M. verantwortlich sei.
Der geschilderte Fall betrifft eine wohnungseigentumsrechtliche Standardsituation. Es geht darum, dass ein Eigentümer behauptet, das gemeinschaftliche Eigentum befinde sich in einem Zustand, der zu Schäden im Sondereigentumsbereich führt. Der Sondereigentümer verlangt, die Schadensquelle auf Kosten aller zu beseitigen, die anderen Wohnungseigentümer wollen sich aber nicht an den Kosten beteiligen. Sie argumentieren vielmehr, es handele sich um ein Problem, das nur den betroffenen Sondereigentümer etwas angehe. Daher müsse er allein die Kosten tragen. In vergleichbaren, häufig vorkommenden Fällen sind folgende Punkte zu beachten, die der Betroffene üblicherweise mit seinem Anwalt abstimmen sollte:
- Zunächst einmal ist zweifelsfrei zu klären, dass die im Sondereigentumsbereich auftretenden Schäden durch den Zustand bzw. Schäden des gemeinschaftlichen Eigentums verursacht worden sind. Insoweit lässt sich die Einschaltung eines Gutachters meist nicht vermeiden. Je nach Fallgestaltung kommt auch ein selbstständiges Beweisverfahren in Betracht. Im o.g. Fall ist entscheidend, dass die Außendämmung als Teil der Außenwand zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört.
- Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern (und nicht dem einzelnen Sondereigentümer) nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 WEG.
- Zur Verwaltung gehören auch Instandhaltungs- und -setzungsarbeiten betreffend das gemeinschaftliche Eigentum.
- Die Verwaltung muss ordnungsgemäß sein. Wenn der Zustand der Außendämmung zur Schimmelbildung führt, kann diese auch in anderen Sondereigentumsbereichen auftreten. Damit liegt die Fehlerbeseitigung im Interesse der Gesamtheit aller Eigentümer und ist somit ordnungsgemäß. Jeder Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Verwaltung, somit auf Instandhaltung-/-setzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
- Alle anderen Wohnungseigentümer sind verpflichtet, an einer ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken.
- Der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung ist im gerichtlichen Verfahren durchzusetzen.
- Vor Anrufung des WEG-Gerichts muss sich der betroffene Eigentümer grundsätzlich um eine Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung bemühen, da sonst seinem gerichtlichen Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Ausnahme: Die Notverwaltungsvoraussetzungen liegen vor. Das ist der Fall, wenn eine Maßnahme so dringend ist, dass eine Wohnungseigentümerversammlung nicht mehr einberufen werden kann. Das dürfte im geschilderten Fall nicht gegeben sein.
- In der Praxis regt der betroffene Wohnungseigentümer in vergleichbaren Fällen beim Verwalter an, das Problem (im geschilderten Fall „Verbesserung der Außendämmung“) auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung zu setzen. Alternativ kommt in Betracht, dass ein Viertel der Wohnungseigentümer die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung begehrt. In der Versammlung können die Eigentümer die begehrte Maßnahme beschließen. Dann ist der Verwalter zur Durchführung des Beschlusses verpflichtet. Hält der Verwalter den Beschluss für anfechtbar, darf er ihn anfechten (er muss ihn aber nicht anfechten), muss ihn mangels einstweiliger Anordnung i.S.d. § 44 Abs. 3 WEG gleichwohl durchführen.
- Wenn die Eigentümer in der Eigentümerversammlung den Beschlussantrag auf Durchführung der beantragten Maßnahme ablehnen, handelt es sich bei der Ablehnung um einen so genannten „Negativ-Beschluss“. Das hat verfahrensrechtliche Konsequenzen. Vor dem WEG-Gericht muss
- zum einen der Negativ-Beschluss angefochten werden und
- zum anderen die begehrte Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung beantragt werden.
- Anfechtung und Antragstellung können gleichzeitig in einem Verfahren erfolgen. Jedenfalls im Beschlussanfechtungsverfahren sind Antragsgegner die anderen Wohnungseigentümer und nicht die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft als solche. Konsequenterweise ist dem Antrag eine Eigentümerliste beizufügen.
Kontoüberziehung durch den WEG-Verwalter
Immer wieder kommt es vor, dass der Verwalter einer Eigentümergemeinschaft deren Konto überzieht. Die folgende Übersicht zeigt die Rechtslage auf und klärt darüber auf, von wem die Bank ihr Geld zurückbekommen kann:
- Ein Verwalter ist ohne besondere Vollmacht nicht berechtigt, im Namen der Gemeinschaft Kredite aufzunehmen.
- Das gilt auch, wenn es um die Bezahlung notwendiger Aufwendungen zugunsten der Gemeinschaft geht.
- Die bloße Kontoeröffnung als solche hingegen hält sich im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse des Verwalters.
- Solange eine Vollmacht fehlt, sind Kreditgeschäfte des Verwalters schwebend unwirksam bis zu einer Genehmigung durch die Gemeinschaft.
- Eine solche Genehmigung kann ausdrücklich oder nach Rechtsscheinsgrundsätzen erfolgen.
- Erfolgt keine Genehmigung, sind entweder die Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlungspflichtig.
- Grundsätzlich kann die Bank nicht die einzelnen Eigentümer verklagen. Klagegegner ist vielmehr die Gemeinschaft.
Nachbarschaftslärm: Was müssen Sie dulden und was nicht?
Einer der Hauptstreitpunkte zwischen Nachbarn ist Lärm von nebenan. Viele Beschwerden sind begründet, bei manchen Punkten muss der Nachbar jedoch auch zurückstecken. Nachstehend finden Sie eine Übersicht, welche Lärmquellen der Nachbar dulden muss und gegen welche er vorgehen kann.
Fernseher, Stereoanlage
Derartige Geräte dürfen ohne zeitliche Begrenzung genutzt werden. Allerdings ist hier „Zimmerlautstärke“ einzuhalten. Das bedeutet, außerhalb der Wohnung dürfen Geräusche des Fernsehers, des Radios oder des CD-Players nicht mehr oder zumindest kaum noch zu hören sein. Entscheidend ist, dass Nachbarn durch die elektronischen Geräte nicht belästigt werden dürfen. Und ab 22.00 Uhr gilt Nachtruhe, spätestens dann muss der Lautstärkeregler - noch weiter - zurückgedreht werden.
Klavier und Schlagzeug
Häusliches Musizieren - in Zimmerlautstärke - ist genauso erlaubt wie die Benutzung von Fernseher oder Radio. Wenn es lauter wird, können Mietvertrag und Hausordnung einschränkende Regelungen enthalten. Aber nicht mehr. Unzulässig ist es, im Mietvertrag ein 100-prozentiges Musizierverbot zu verhängen. Auch Ruhezeitenregelungen, die einem Musizierverbot praktisch gleichkommen, sind unzulässig. Sind im Mietvertrag keine verbindlichen und wirksamen Spielzeiten für Hausmusiker vereinbart und können sich die Nachbarn zusammen mit dem Vermieter nicht einigen, muss notfalls das Gericht einen Kompromiss finden. Bei der Abwägung zwischen dem Ruhebedürfnis der einen und der Musizierfreude der anderen kommt es auch auf die örtlichen Gegebenheiten an. In einer Seniorenwohnanlage gelten andere Grundsätze als in einer Wohnanlage mit überwiegend jungen Menschen. Außerdem sind zu berücksichtigen: Hellhörigkeit im Gebäude, vorhandene Schallschutzmaßnahmen, Pegel der Umgebungsgeräusche und Art des Musizierens.
Als Kompromiss kommt zum Beispiel in Betracht: Ruhezeiten von 12.00 bis 14.00 und von 20.00 bis 8.00 Uhr. Die maximale Spieldauer pro Tag beträgt 2 Stunden.
Das soll zum Beispiel gelten für: Klarinette, Saxophon, Geige, Violine, Bratsche, Cello oder Klavier. Bei einem Akkordeon haben Richter nur 1½ Stunden erlaubt und bei einem Schlagzeug sogar nur 45 Minuten.
Wichtig: Mit in die Spielzeit gerechnet werden müssen sogenannte Fingerübungen, zum Beispiel bei einem Klavierspieler. Im Übrigen kommt es auf die Qualität der Musikausübung nicht an, sondern ausschließlich auf die Lärmintensität.
Schreiende Säuglinge und spielende Kinder
Grundsätzlich gilt, Kinder dürfen in der Wohnung spielen und natürlich auch rund um die Wohnung, im Freien. Die Unruhe, die infolge des normalen Spiel- und Bewegungstriebs der Kinder entsteht, muss von den Mitbewohnern hingenommen werden. Kinder dürfen auch schon einmal durch die Wohnung rennen oder die Tür zuschlagen. Übermäßigen oder rücksichtslosen Lärm, zum Beispiel Fußball spielen in der Wohnung, Rollschuh oder Fahrrad fahren im Hausflur, Treppenhaus usw., muss aber kein Nachbar akzeptieren. Während der allgemeinen Ruhezeiten ist verstärkt Rücksicht auf die Nachbarn zu nehmen. Aber nächtliches Weinen und Schreien von Kleinkindern oder Säuglingen kann niemand verhindern und ist zu dulden.
Staubsauger, Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte
Staubsauger, Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte dürfen in der Wohnung auch benutzt werden, wenn dies mit Geräuschen und vielleicht sogar Lärm verbunden ist. Das gilt für Staubsauger, Wasch- oder Spülmaschine. Auch hier gelten die allgemeinen Ruhezeiten. Ausnahmen müssen allerdings möglich sein. Eine Waschmaschine darf auch einmal nach 22.00 Uhr laufen, für berufstätige Mieter bleibt sonst kaum eine Möglichkeit. Und auch wenn es nach der Ruhezeitenregelung erlaubt ist, muss am Sonntagmorgen nicht um 8.00 Uhr Staub gesaugt werden.
Heizung und Aufzug
Bei Lärm- und Geräuschstörungen, ausgehend von technischen Anlagen im Haus, muss der Vermieter einschreiten. Aufzugsanlagen müssen so schallisoliert sein, dass nachts in dem jeweils nächstliegenden Raum, Wohn- oder Schlafzimmer, Messwerte von 30 Dezibel(A) nicht überschritten werden. Maßgeblich sind nicht die Fahrgeräusche, sondern die höheren Werte beim Anfahren bzw. Abbremsen.
Auch eine Heizungsanlage muss so eingestellt oder installiert sein, dass die Bewohner nicht durch nächtliche Klopfgeräusche oder Ähnliches gestört werden.
Bellende Hunde und pfeifende Papageien
Haustiere müssen so gehalten werden, dass die Nachbarn nicht unzumutbar durch Gebell, Pfeifen oder andere Geräusche gestört werden. Sie können den Vermieter einschalten, unter Umständen die Miete kürzen oder die Ordnungsbehörden einschalten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das stundenlange schrille Pfeifen eines Papageis, das die Nachbarn nervte, mit einem Bußgeld von 500 Euro belegt. Werden Gerichte eingeschaltet, geben diese teilweise Zeiten vor, in denen Haustiere bellen, krähen oder pfeifen dürfen:
- Hundegebell: Tagsüber zwischen 8.00 und 13.00 Uhr und zwischen 15.00 und 19.00 Uhr, höchstens 30 Minuten, nicht länger als 10 Minuten am Stück.
- Papageien (im Freien oder auf der Terrasse): Die kleinen und lautstarken Rosenköpfchen dürfen von 9.00 bis 12.00 und zwischen 13.00 und 16.00 Uhr auf der Terrasse oder im Freien abgestellt werden. Kakadus sollen zu ähnlichen Zeiten auf der Terrasse in einer Voliere abgestellt werden dürfen, aber insgesamt höchstens 1 Stunde pro Tag, und nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehört ein Graupapagei, der stundenlang pfeift, überhaupt nicht in eine reine Wohngegend.
- Ein Hahn, gehalten in einem allgemeinen Wohngebiet, darf erst ab 8.00 Uhr krähen, am Wochenende und an Feiertagen erst ab 9.00 Uhr.
Rasenmäher, Kettensägen und Heckenscheren
Nach der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung dürfen an Sonn- und Feiertagen sowie werktags zwischen 22.00 und 7.00 Uhr in Wohngebieten Rasenmäher, Motorkettensägen, Heckenscheren und Vertikutierer nicht mehr eingesetzt werden.
Andere Geräte, wie Laubsammler, Laubbläser, Grastrimmer, Graskantenschneider und Freischneider dürfen in Wohngebieten werktags nur zwischen 9.00 und 12.00 und von 14.00 bis 17.00 Uhr benutzt werden. Außerdem gilt: Müllcontainer und Abfallsammelbehälter dürfen werktags zwischen 20.00 und 7.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen nicht benutzt und nicht geleert werden.
Auch auf Baustellen - im Freien - dürfen Baumaschinen, wie Betonmischer, Bohrgeräte, Baustellenkreissägen, Mobilkräne oder Schweißgeräte, werktags nicht zwischen 20.00 und 7.00 Uhr eingesetzt werden. An Sonn- und Feiertagen überhaupt nicht mehr.
Feste und Feiern
Weder einmal im Monat noch einmal im Vierteljahr darf in einem Mehrfamilienhaus „so richtig auf die Pauke gehauen werden“. Das bedeutet nicht, dass im Haus überhaupt nicht gefeiert werden darf. Es muss aber Rücksicht auf die Nachbarn genommen werden, insbesondere ab 22.00 Uhr.
Badewanne, Dusche und WC-Spülung
Auch nach 22.00 Uhr darf gebadet und geduscht werden. Ein Verbot im Mietvertrag ist unwirksam. Allerdings kann das Recht auf nächtliches Baden oder Duschen auf maximal 30 Minuten beschränkt werden, inklusive Wasser ein- und ablaufen lassen, meint das Oberlandesgericht Düsseldorf.
Übrigens: Nach Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts ist ein Eigentümerbeschluss für eine Wohnungseigentumsanlage, der ein Badeverbot zwischen 23.00 und 5.00 Uhr vorsieht, wirksam. Ab 23.00 Uhr könne man sich ja in sonstiger, weniger störenden Weise waschen. Die Toilette und damit die Wasserspülung darf jederzeit genutzt werden, jede Form der Beschränkung wäre lebensfremd.
Gaststätten, Diskotheken und Geschäfte
Lärm, insbesondere nächtlicher Lärm aus Kneipen und Geschäften, muss nicht hingenommen werden. Mieter können sich mit den Lärmverursachern direkt auseinandersetzen, sie können auch den Vermieter einschalten, gegebenenfalls die Miete kürzen, oder sie können sich direkt an die Ordnungsbehörde wenden. Als Abhilfemaßnahmen kommen zum Beispiel nachträgliche Schallschutzmaßnahmen, Änderungen der Sperrstundenzeiten usw. in Betracht.
Mietvertrag: Diese Fragen sind bei der Selbstauskunft zulässig
Aus verständlichen Gründen versuchen sich Vermieter durch vorvertragliche Informationen über den Mieter vor Mietausfällen und kostspieligen Räumungsprozessen zu schützen. Die Einholung einer Selbstauskunft kann dabei ein brauchbares Mittel sein. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz ist die Erhebung personenbezogener Daten im Rahmen eines Vertragsverhältnisses aber nur zulässig, soweit dies der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses dient und zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist. Die folgende Übersicht zeigt, welche Fragen zulässig sind:
Fragen zu Arbeitgeber und Einkommen
Nachdem der Eingang der Mietzahlungen für den Vermieter von erheblicher Bedeutung ist, überwiegen die Interessen des Vermieters hinsichtlich der Frage an den Mieter nach
- Arbeitgeber und
- Einkommen und
- Pfändung des Arbeitseinkommens.
Man mag zwar davon ausgehen, dass die Frage nach dem Arbeitgeber von der Frage des Einkommens des Mieters zu trennen ist, doch tritt der Arbeitgeber des Mieters regelmäßig schon zutage, wenn Nachweise über das Einkommen zulässigerweise verlangt werden.
- Selbstständige: Bei Selbstständigen erscheint es zulässig, als Nachweis über Einkommen bzw. Vermögensverhältnisse eine Bankauskunft zu verlangen.
- Schufa-Auskunft: Die Schufa-Auskunft ist problematisch, da Auskünfte über Kreditverpflichtungen des Mieters enthalten sein können, die für das Mietverhältnis nicht von Bedeutung sind.
- Erwerbslose: Ist der Mieter ohne Einkommen und wird die Mietzahlung durch das Sozialamt übernommen, ist die Angabe in einem Selbstauskunftsformular, dass der Mieter in einem gesicherten Arbeitsverhältnis ist, trotzdem relevant. Die Zahlung durch das Sozialamt bietet nicht dieselbe Sicherheit wie die Zahlung durch den Mieter selbst. Dasselbe gilt, wenn die Zahlung durch Freunde oder Familienangehörige des Mieters erbracht wird, da der Vermieter gegen diese Personen nicht vollstrecken kann.
- Insolvenz: Nach einer Entscheidung des Landgerichts Bonn (WuM 06, 24) ist der Mieter sogar verpflichtet, vor Abschluss eines Mietvertrags den Vermieter ungefragt darüber aufzuklären, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist sowie darüber, dass das Vormietverhältnis wegen Nichtzahlung der Miete gekündigt und er deshalb zur Räumung verurteilt worden ist. Auch die Angabe von Mietschulden aus früheren Mietverhältnissen in Selbstauskunftsformularen soll erforderlich sein.
- Mietschuldenfreiheitsbescheinigung: Verlangt der künftige Vermieter im Rahmen der Selbstauskunft die Vorlage einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, so gilt, dass der Mieter gegen seinen früheren Vermieter keinen Anspruch auf Ausstellung einer derartigen Bescheinigung hat.
Fragen zu Familienstand, Gewerbetätigkeit und Haustieren
- Familienstand: Die Frage nach dem Familienstand mag für den Vermieter von Bedeutung sein, wenn er an ein Ehepaar vermieten will. Nach der hier vertretenen Auffassung dürfte die Frage nicht zulässig sein, da hier das Interesse des Mieters am Schutz seiner Privatsphäre überwiegen dürfte. Hinzu kommt, dass, soweit nicht Überbelegung eintritt, der Zuzug eines Ehepartners oder Lebenspartners regelmäßig von einem berechtigten Interesse des Mieters gedeckt ist. Unzulässig dürfte auch die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft oder nach Kinderwunsch sein.
- Zuzug anderer Personen: Allgemein wird immer wieder die Frage nach zuziehenden Personen gestellt, besonders bei kleinen Wohnungen. Ihr Sinn ist, dass der Vermieter gegebenenfalls erkennen kann, ob Überbelegung eintreten könnte, oder ob in der Person der zuziehenden Personen Gründe bestehen, die ihre Zurückweisung rechtfertigen könnten. Dies wäre z.B. der Fall, wenn diese Personen den Hausfrieden stören. Der Mieter muss sich das Verhalten aufgenommener Personen jedenfalls zurechnen lassen, wenn eine fristlose Kündigung in Betracht kommt.
- Gewerbeausübung: Zulässig dürfte die Frage sein, ob der Mieter in den Räumen ein Gewerbe ausüben will, sowie nach beabsichtigter Haustierhaltung.
- Haustierhaltung: Werden falsche Angaben über die Tierhaltung gemacht, dürfte die Kündigung allerdings nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen (z.B. Haltung eines gefährlichen Kampfhunds, ordentliche Kündigung nach Abmahnung), in anderen Fällen die Unterlassungsklage nach § 541 BGB.
Fragen zu Ausweis und Staatsangehörigkeit
Umstritten ist die Zulässigkeit der Frage nach Personalausweis- oder Passnummer sowie nach Staatsangehörigkeit. Hinweis: Jedem Vermieter ist unabhängig davon zu raten, sich zur Identifikation der Person des Mieters ein Ausweispapier vorlegen zu lassen.
Frage nach Referenzen
Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dürfte die Frage nach dem bisherigen Vermieter oder anderen Referenzen zulässig sein, da hier Informationen über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Mieters sowie über sonstige Unzuträglichkeiten erlangt werden können. Der bisherige Vermieter ist die richtige Person, um über Fragen wie das Zahlungsverhalten, die Einhaltung der Hausordnung etc. Auskunft zu geben.
Fragen zur Geschäftsfähigkeit
Im Zweifel unter Berücksichtigung des Rechts des Mieters auf informationelle Selbstbestimmung nach dem Grundgesetz hat das Bundesverfassungsgericht (NJW 91, 2411) entschieden, dass ein wegen Geistesschwäche entmündigter Mieter dies bei Abschluss des Mietvertrags nicht offenbaren muss.
Rechtsfolgen der Falschauskunft
Werden Fragen, die zulässigerweise gestellt werden, falsch beantwortet, kommt vor Bezug der Mieträume eine Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung in Betracht, nach Bezug die fristlose oder ordentliche Kündigung. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Falschauskunft tatsächliche negative Auswirkungen für den Vermieter bzw. das Mietverhältnis hat. Erbringt z.B. der Mieter trotz einer Falschauskunft über seinen Arbeitsplatz die Miete in der Folge aus gesichertem Einkommen, dürfte eine Kündigung nicht in Betracht kommen.
Mietmängel: Irrtum des Mieters über die Höhe der Minderung
Wer als Mieter mehr mindert als zulässig, riskiert sein Mietverhältnis. Wie ein Irrtum bei der Minderung behandelt wird, zeigt der folgende Beitrag.
Entschuldbarer Rechtsirrtum
Ist der Mieter zur Minderung berechtigt, trifft ihn kein Verschulden, wenn er sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befindet und deshalb zu viel mindert. Dies bedeutet, dass der Vermieter dann auch nicht wegen der Mietrückstände, die über die letztlich festgestellte zulässige Minderungshöhe hinausgehen, das Mietverhältnis fristlos kündigen kann.
Beispiel: Der Mieter mindert wegen Baulärms die Miete um 70 Prozent. Nach vier Monaten kündigt der Vermieter das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten. Nach Beweisaufnahme entscheidet das Gericht, dass der Minderungsprozentsatz nur 20 Prozent beträgt.
Lösung: Obwohl die Differenz zwischen Minderung und vom Gericht zugestandener Minderungshöhe einen Mietrückstand von zwei Monaten erreicht, ist die fristlose Kündigung hier nicht begründet. Wie ein Gericht nach einer Beweisaufnahme die Minderungshöhe tatsächlich bewertet, darf nicht ohne Weiteres zugrunde gelegt werden. Der dem Gericht insoweit zustehende Ermessensspielraum darf dem Mieter nicht angelastet werden (LG Bückeburg ZMR 12, 623).
Fahrlässiger Irrtum
Der Mieter muss jedoch mit der üblicherweise erforderlichen Sorgfalt prüfen, wie hoch die zulässige Minderung ist. Gegebenenfalls muss er fachkundigen Rat einholen bzw. selbst einen Sachverständigen hinsichtlich der Minderungshöhe tätig werden lassen. Orientiert sich der Mieter nicht an einem bereits eingeholten Gutachten, das Minderungsprozentsätze in Bezug auf den in Frage stehenden Mangel ausweist, ist der eintretende Zahlungsverzug verschuldet.
Der Verzug mit Zahlungsrückständen ist ganz oder teilweise verschuldet, wenn der Mieter mit offenkundig abwegigen Gründen mindert, um sich dadurch seiner Zahlungspflicht zu entziehen. Ist der Mieter in einem Prozess, in dem Zahlungsrückstände wegen Minderung eingeklagt wurden, rechtskräftig zur Zahlung der einbehaltenen Miete verurteilt worden und mindert er anschließend wegen desselben Sachverhalts erneut, ist der Zahlungsverzug verschuldet.
Nebenkostenabrechnung: Die Belegeinsicht
Bei der Nebenkostenabrechnung kommt es oft zu Unstimmigkeiten über die zugrunde liegenden Belege. Der folgende Beitrag zeigt, was für Mieter und Vermieter im Zusammenhang mit der Belegeinsicht gilt.
1. Grundsätze zur Belegeinsicht
Für eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung müssen Belege nicht notwendig beigefügt werden. Verweigert jedoch der Vermieter die Belegeinsicht, kann der Mieter die der Abrechnung zugrunde liegenden Tatsachen mit Nichtwissen bestreiten und eine Nachforderung zurückbehalten, bis er Belegeinsicht erhält. Nimmt er umgekehrt die ihm angebotene Belegeinsicht nicht wahr, kann er die Abrechnung oder einzelne Positionen nicht mehr pauschal bestreiten.
2. Praktische Vornahme der Belegeinsicht
Der Mieter hat grundsätzlich nur das Recht, die Originalbelege einzusehen. Ort der Belegeinsicht ist daher der Sitz des Vermieters bzw. seiner Hausverwaltung. Daneben gibt es folgende Ausnahmen:
- Besteht eine große Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort der Belege und dem Mietobjekt, muss der Mieter sich nicht darauf verweisen lassen, sich „auf die Reise zu den Belegen“ zu begeben. Er kann verlangen, dass die Originalbelege zum Ort der Mieträume gebracht werden und ihm dort Einsicht in Räumen des Vermieters verschafft wird (LG Freiburg NZM 12, 23).
- Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (WuM 06, 200) kann der Mieter Fotokopien der Belege gegen Erstattung der Kosten verlangen, wenn er nicht am Ort des Sitzes des Vermieters/Hausverwaltung wohnt und es ihm deshalb oder aus anderen Gründen unzumutbar ist, die Originalbelege einzusehen. Dies kann z.B. in einem hohen Alter des Mieters liegen, d.h. die Einsicht in die Belege kann aus gesundheitlichen Gründen für den betagten Mieter nicht möglich sein.
- Dem Mieter kann es grundsätzlich nicht verwehrt werden, zur Belegeinsicht einen Berater mitzubringen (LG Berlin WuM 06, 617). Er kann auch die Belege an Ort und Stelle fotografieren (AG München NJW 10, 78). Der Vermieter muss die Benutzung seines Kopiergeräts nämlich nicht gestatten (AG Charlottenburg GE 10, 1205).
- Hat sich der Mieter fachkundiger Hilfe nicht bedient oder dies unterlassen, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, kann er sich später nicht darauf berufen, sich in den Belegen nicht zurecht gefunden zu haben (LG Berlin WuM 06, 617). Gerade für ältere Mieter wird die Unterstützung bei der Belegeinsicht sinnvoll sein.
- Auf eine ausschließliche Belegeinsicht durch einen beauftragten Rechtsanwalt oder einen Mieterverein muss sich der Mieter allerdings auch nicht verweisen lassen (BGH NZM 10, 576).
- Dem Mieter muss eine zumutbare Einsichtnahme in die Unterlagen angeboten werden (BGH WuM 06, 616). Wird ihm nicht ausreichend Zeit gegeben, gilt die Belegeinsicht als verweigert (AG München NZM 06, 929).
- Eine pauschale Anforderung von Belegen, falls der Mieter Anspruch auf Übersendung hat, ist zu unbestimmt, der Mieter muss die Belege bezeichnen (LG Berlin GE 03, 1492).
- Erhält der Mieter Kopien der Belege zugesandt, so hat er die Kosten für die Kopien zu erstatten. Diese sind mit 0,25 EUR pro Kopie anzusetzen (AG Brandenburg GE 03, 55). Der Vermieter kann die Übersendung von Vorschusszahlung in Höhe der Kopierkosten abhängig machen (LG Leipzig NZM 05, 944).