August 2021

Arbeitsrecht

Abmahnung: Anzeigepflicht für Nebentätigkeit eines Redakteurs

Eine tarifliche Regelung, nach der ein angestellter Zeitschriftenredakteur dem Verlag die anderweitige Verwertung einer während seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit bekannt gewordenen Nachricht anzeigen muss, soll dem Verlag regelmäßig ermöglichen, zu prüfen, ob seine berechtigten Interessen durch die beabsichtigte Veröffentlichung beeinträchtigt werden. Verstößt der Arbeitnehmer gegen die Anzeigepflicht, kann dies eine Abmahnung rechtfertigen, so jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Der Kläger ist bei der Beklagten als Redakteur der Zeitschrift „W.“ beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen/Redakteure an Zeitschriften anzuwenden. Danach bedarf ein Redakteur zur anderweitigen Verarbeitung, Verwertung und Weitergabe der ihm bei seiner Tätigkeit für den Verlag bekannt gewordenen Nachricht der schriftlichen Einwilligung des Verlags. Der Arbeitsvertrag der Parteien verlangt anstelle der schriftlichen Einwilligung des Verlags die der Chefredaktion.

Im September 2017 nahm der Kläger im Rahmen einer Dienstreise in die USA an der Standorteröffnung eines deutschen Unternehmens teil, um darüber für die Beklagte zu berichten. Der Artikel des Klägers enthielt u. a. die Schilderung eines Vorfalls, der sich während der Eröffnungsveranstaltung am abendlichen Buffet zwischen dem Kläger und der ausrichtenden Unternehmerin im Beisein von Redakteuren anderer Zeitschriften zugetragen hatte. Auf die Erklärung des Klägers, er esse nichts, da er „zu viel Speck über‘m Gürtel“ habe, kniff die Unternehmerin dem Kläger in die Hüfte. Diese Passage wurde von der Redaktion der Zeitschrift „W.“ gestrichen. Im Dezember 2017 fragte der Kläger seinen Chefredakteur, ob der Vorfall nicht doch noch im Rahmen der „#MeToo-Debatte“ veröffentlicht werden könne. Dies lehnte der Chefredakteur ab. Der Ankündigung des Klägers, den Beitrag anderweitig zu publizieren, begegnete der Chefredakteur mit einem Hinweis auf das Konkurrenzverbot im Arbeitsvertrag. Im März 2018 erschien – ohne vorherige Unterrichtung der Beklagten – in der T.-Zeitung ein Beitrag des Klägers mit dem Titel „Ran an den Speck“. Die Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin eine Abmahnung, weil er es unterlassen hatte, die schriftliche Einwilligung der Chefredaktion einzuholen.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Er sah u. a. seine Berufsfreiheit sowie sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit verletzt. Es sei nicht erforderlich gewesen, die Einwilligung der Chefredaktion einzuholen, weil die Beklagte eine Veröffentlichung endgültig abgelehnt habe, um die Unternehmerin zu schützen.

Die Klage wurde in den Vorinstanzen abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte auch beim BAG keinen Erfolg. Die Beklagte war berechtigt, den Kläger abzumahnen. Die Verpflichtung eines Redakteurs, den Verlag vor der anderweitigen Veröffentlichung einer ihm während seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit bekannt gewordenen Nachricht um Erlaubnis zu ersuchen, verstößt weder gegen Verfassungs- noch gegen europäisches Konventionsrecht. Im Rahmen der Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen von Redakteur und Verlag ist zu berücksichtigen, dass Letzterer erst durch die Anzeige der beabsichtigten Nebentätigkeit in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob seine berechtigten Interessen durch die beabsichtigte Veröffentlichung beeinträchtigt werden. Dahinter muss das Interesse des Arbeitnehmers regelmäßig zurücktreten, die Nachricht ohne vorherige Einbindung des Verlags zu veröffentlichen.

Quelle | BAG, Urteil vom 15.6.2021, 9 AZR 413/19 , PM Nr. 13/21

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Erholungsurlaub: Anteilige Urlaubskürzung für Zeiten von Kurzarbeit

Der Arbeitgeber ist bei Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erholungsurlaub der hiervon betroffenen Arbeitnehmer anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zugrunde liegt. So entschied es jetzt das Arbeitsgericht (ArbG) Osnabrück im Fall mehrerer Arbeitnehmer.

Sachverhalt

Mehrere Arbeitnehmer verlangen mit ihrer Klage, Urlaubstage gutzuschreiben, die ihnen für Zeiten von Kurzarbeit im Verhältnis zu ihren Jahresarbeitstagen durch den Arbeitgeber anteilig gekürzt worden sind. Der an einzelnen Tagen durchgeführten Kurzarbeit lagen mehrere nahtlos aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit zugrunde. Die Arbeitszeit der klagenden Parteien war nicht auf „Null“ reduziert worden.

Die Betriebsvereinbarungen wurden jeweils erst kurze Zeit vor Beginn der Kurzarbeit zwischen den Betriebspartnern geschlossenen. Die Information der betroffenen Arbeitnehmer erfolgte danach. Dem Arbeitgeber war es nach den Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit gestattet, die Kurzarbeit vorzeitig und kurzfristig mit einer „Ansagefrist“ von zwei Werktagen zu beenden oder zu reduzieren.

Die klagenden Parteien sind der Ansicht, dass die durchgeführte Kurzarbeit keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche hat. Der Kurzarbeiter habe nicht ähnlich einem Teilzeitbeschäftigten eine vorhersehbare und frei gestaltbare Freizeit durch Kurzarbeit gewonnen, die er nutzen könne, um sich auszuruhen oder Freizeitaktivitäten nachzugehen.

So argumentierte der Arbeitgeber

Die Beklagte stützt sich zur Berechtigung der anteiligen Urlaubskürzung während der Kurzarbeit auf Entscheidungen des EuGH und des BAG über entsprechende Urlaubskürzungen gegenüber Teilzeitbeschäftigten und bei Gewährung eines Sabbaticals für Arbeitnehmer sowie auf eine obergerichtliche Entscheidung bei Kurzarbeit „Null“. Im Übrigen könne es nicht sein, dass dann, wenn der Betrieb nach Ende der Kurzarbeit durch die Arbeitnehmer, die ihren vollen Jahresurlaub nehmen könnten, nach Wiederanlaufen nach der Kurzarbeit dadurch blockiert würde.

Arbeitsgericht: Rechtswidrige Kürzung ist zurückzunehmen

Das ArbG hat den Klagen vollumfänglich stattgegeben und den Arbeitgeber verpflichtet, den gekürzten Urlaubsanteil dem Urlaubskonto der klagenden Arbeitnehmer gutzuschreiben.

Die anteilige Kürzung ist rechtwidrig. Unabhängig davon, dass Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz für das Bestehen des Arbeitsverhältnisses als solches unabhängig von der Erbringung einer konkreten Arbeitsleistung gewährt wird, kann vorliegend nicht von einem zur anteiligen Urlaubskürzung berechtigenden Ruhen des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kurzarbeit gesprochen werden. Bei einer Kurzarbeit-Vereinbarung, bei der die Arbeitszeit nicht auf „Null“ für diesen Zeitraum herabgesetzt wird, besteht keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht oder sonstigen andauernden Unterbrechungen der gegenseitigen Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis, wie bei einem „Sabbatical“. Vielmehr zeigt die vergleichbare Lage zu sonstigen Ruhenstatbeständen im Arbeitsverhältnis, z.B. bei Elternzeit, dass hierfür anteilige Urlaubskürzung gesetzlich möglich ist. In Kenntnis dessen hätte der Gesetzgeber auch bei Kurzarbeit anteilige Urlaubskürzungen statuieren können. Dies hat der Gesetzgeber nicht nur unterlassen, sondern nach dem Bundesurlaubsgesetz gerade zum Ausdruck gebracht, dass Kurzarbeit nicht zur Verdienstschmälerung betreffend Urlaubsentgelt dienen soll.

Es lag keine Kurzarbeit „Null“ vor

Wegen der Durchführung von Kurzarbeit nur an einzelnen Tagen (statt Kurzarbeit „Null“) sowie der kurzfristigen Einführung als auch der vorliegenden Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung oder Reduzierung der durchgeführten Kurzarbeit mit einer Ansagefrist von zwei Werktagen sieht das ArbG es als verfehlt an, einer derartigen Kurzarbeit die gleiche Rechtswirkung zuzusprechen, wie bei einem länger andauernden Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Es kann weder davon gesprochen werden, dass bei derartiger Kurzarbeit Arbeitnehmer ihren Erholungsurlaub bereits anteilig quasi realisiert haben. Es ist auch unerheblich, dass Arbeitnehmer nach Ende der Kurzarbeit ihre restlichen Urlaubsansprüche nehmen können. Dies liegt in der Natur der Sache. Eine etwaige dadurch einhergehende Betriebsblockade erscheint nicht nur im Hinblick auf die sonstigen Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer als Spekulation und ohne Belang.

Die Berufung zum Landesarbeitsgericht (LG) wurde wegen der Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Quelle |  ArbG Osnabrück, PM vom 10.6.2021

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Bonuszahlung: Unterlassene Zielvereinbarung kann Schadenersatzanspruch begründen

Ist eine Bonuszahlung nach dem Vertrag von einer Zielvereinbarung abhängig, darf der Arbeitgeber bei deren Umsetzung nicht untätig bleiben. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt.

Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele zu vereinbaren, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz aus.

Quelle | BAG, Urteil vom 7.12.2020, 8 AZR 149/20

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Drohen mit Krankschreiben: Nicht immer darf fristlos gekündigt werden

Die Drohung, sich krankschreiben zu lassen, falls die Schichteinteilung nicht wie gewünscht erfolgt, stellt eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern.

Dennoch kann nach Ansicht des LAG die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen. Das ist z. B. der Fall, wenn die Drohung mit der Krankschreibung auf einem innerbetrieblichen Konflikt zwischen Arbeitnehmern beruhte, auf den der Arbeitnehmer bereits mit einer Eigenkündigung reagiert hat, und das Arbeitsverhältnis deshalb in Kürze – wie hier vorliegend in vier Wochen – endet.

Quelle | LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 4.5.2021, 5 Sa 319/20

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Baurecht

Planungs- und Bauüberwachungsfehler: Zustimmung zur Verrechnung kann Schuldanerkenntnis sein

Stehen sich Honoraransprüche des Architekten einerseits und Schadenersatzansprüche des Bauherrn andererseits in aufrechenbarer Weise gegenüber und stimmt die Haftpflichtversicherung des Architekten einer Verrechnung zu, liegt darin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf festgestellt.

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf bindet dieses Anerkenntnis den Architekten und verpflichtet die Versicherung, dessen Honorar zu zahlen. Der Bauherr hatte im konkreten Fall mit seinem Schadenersatzanspruch wegen Planungs- und Bauüberwachungsfehlern aufgerechnet und die Versicherung des Architekten hatte – dem zustimmend – die überschießende Schadenersatzforderung ausgeglichen. Der Architekt begehrte und erhielt nun von der Versicherung sein Honorar, weil die Versicherung für den Gesamtschaden einstehen müsse. Die Versicherung ließ sich Zug um Zug den Honoraranspruch abtreten und machte diesen – weil nun Zweifel an der Haftung aufkamen – gegen den Bauherrn geltend. Erfolglos.

Das steht auch im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten ist dahin zu verstehen, dass der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch anerkennt. Darin liegt ein sog. deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis gegenüber dem Geschädigten.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2020, 5 U 356/19

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Rom-I-Verordnung: Welches Recht gilt bei Baustellen im Ausland?

Hat der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, findet das deutsche materielle Recht Anwendung. Dies ergibt sich laut dem Oberlandesgericht (OLG) Köln aus der sog. Rom-I-Verordnung. Diese gelte auch für reine Bau- und Werkverträge.

Dass die Baustelle im Ausland liegt, ist für sich genommen kein Umstand, der eine engere Verbindung zu diesem Staat im Sinne der o. g. Verordnung begründet, so das OLG. Folge: Die Frage, ob der als Dienstleister in Anspruch genommene Beklagte seine Vertragserklärung im eigenen Namen oder als Stellvertreter für ein anderes Unternehmen abgegeben hat, bestimmt sich in diesem Fall ebenfalls nach materiellem deutschen Recht.

Quelle | OLG Köln, Urteil vom 22.3.2021, 16 U 165/20

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Bauvorschriften: Neuer VOB/B-Entwurf

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heim (BMI) hat dem Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) den Entwurf einer neuen Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) vorgelegt. Die VOB/B soll dem Vernehmen nach schon so weit abgestimmt ist, dass der Änderungsbedarf überschaubar ist und diese somit Anfang 2022 in Kraft treten kann.

Eine Überarbeitung der VOB/B wurde erforderlich, weil sie in zentralen Punkten vom Wortlaut der Neuregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) aus dem Jahr 2018 abweicht. Der Entwurf des BMI orientiert sich daher augenscheinlich an zwei Leitplanken: Zum einen sollen das Anordnungsrecht sowie die anknüpfende Vergütungs- und Abschlagsberechnung auch unabhängig von der Privilegierung einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhalten können. Zum anderen sollen die Vorschriften praxisorientiert und ausgewogen sein und Schwächen des Gesetzes ausgleichen.

Diesen „schmalen Grat“ sollen folgende Regelungen überwinden:

Quelle | Planungsbüro professionell 7/21, S. 2

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Architektenhonorar: So verteilt sich die Darlegungs- und Beweislast

Verlangt der Architekt oder Ingenieur ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar, muss er darlegen und gegebenenfalls nachweisen, dass er mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen beauftragt worden ist. Diese klare Aussage des Bundesgerichtshofs (BGH) muss ab sofort beachtet werden.

Welche Architektenleistungen vereinbart sind, ergibt sich durch Auslegung des Architektenvertrags. Umfang und Inhalt des Auftrags bestimmen sich allein nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Die sog. Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) als gesetzliches Preisrecht enthält keine Leitbilder für den Inhalt von Architektenverträgen. Die Leistungsbilder der HOAI können daher bei Bezugnahme im Vertrag lediglich als Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistungen herangezogen werden.

Architekten sollten daher darlegen, nach welchen Grundsätzen sich ihr Honorar bestimmt. Das verschafft beiden Vertragsparteien Sicherheit und vermeidet (teure) Auseinandersetzungen – getreu dem Motto „wer schreibt, der bleibt“.

Quelle  | BGH, Urteil vom 14.5.2020, VII ZR 205/19

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Familien- und Erbrecht

Sorgerechtsstreit: Elterliche Sorge gegen den ausdrücklich erklärten Willen eines 13-Jährigen?

Das Amtsgericht (AG) Frankenthal hat jetzt entschieden: Die elterliche Sorge kann gegen den ausdrücklich erklärten Willen eines 13-jährigen Kindes aufrechtzuerhalten sein, wenn eine ausreichende Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit der Eltern im Übrigen gegeben ist.

Was war geschehen?

Die Beteiligten sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern eines 13-jährigen Kindes. Zwischen dem Kind und dem Antragsgegner bestand seit geraumer Zeit kein Kontakt mehr; jedenfalls seit ungefähr zwei Jahren ist der Kontakt gänzlich abgebrochen. Die Eltern kommunizieren ebenfalls kaum miteinander, die Mutter hat die wesentlichen Entscheidungen für das bei ihr wohnende Kind in der Vergangenheit alleine getroffen. Die Kommunikation beschränkte sich im genannten Zeitraum auf Whatsapp-Chats. Der Vater zahlt für das Kind Kindesunterhalt. Die Mutter beantragte die Übertragung der alleinigen Sorge auf sich. Zum einen entspreche dies dem Wunsch des Kindes, zum anderen sei der Antragsgegner an dem Kind nicht interessiert und übe daher die elterliche Sorge faktisch nicht aus. Der Vater hat sich dem Antrag widersetzt. Er hat anerkannt, dass er sich zuletzt wenig um das Kind gekümmert hat, möchte aber an der elterlichen Sorge festhalten.

Das sagt das Amtsgericht

Das AG hat den Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge zurückgewiesen. Grundsätzlich gilt: Jeder Elternteil kann, wenn Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben und ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge alleine überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Doch was, wenn einem Elternteil Gleichgültigkeit vorgeworfen wird? Dies kann nur Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung der elterlichen Sorge werden, wenn der betreffende Elternteil sich überhaupt nicht um das Kind kümmert. Mangelndes Engagement muss aber nicht zur alleinigen Sorge führen, wenn die Eltern sonst zusammenarbeiten können und das gebotene Maß an Gemeinsamkeiten und wenigstens ein gewisses Interesse für das Kind vorhanden ist. Ein Elternteil kann für die Entwicklung des Kindes zurücktreten und damit weniger wichtig bleiben, während der andere für die tägliche Erziehungsarbeit zuständig ist, ohne dass sich weitere Auswirkungen für die Entwicklung des Kindes ergeben. Oft haben sich die Eltern für dieses Modell schon vor der Trennung entschieden – dann treten ohnehin keine Änderungen ein.

Zurückhaltung ist nicht immer Verantwortungslosigkeit

Motivlage und tatsächliche Hintergründe entziehen sich einer Bewertung von außen fast zwingend. Erkennbare Zurückhaltung ist kein Zeichen von Verantwortungslosigkeit. Verzicht für sich kann wohlbedacht sein, auch um gerade das Kind belastenden Streit zu vermeiden. Maßstab ist wie immer das Wohl des Kindes.

Zeigt ein Elternteil aber nachhaltig kein Interesse an der Entwicklung des Kindes und pflegt keinerlei Kontakt zum Kind, sondern überlässt dem anderen Elternteil die Sorge mit allen Entscheidungen alleine, dann stellt sich berechtigt die Frage, welche gemeinsame Sorge hier noch ausgeübt wird, sodass auf Antrag die Sorge auf den diese tatsächlich ausübenden Elternteil ggf. zu übertragen ist.

Kooperationsbereitschaft war vorhanden

Vor diesem Maßstab sei die gemeinsame elterliche Sorge im vorliegenden Fall nicht aufzuheben. Zwar sei der Antragstellerin zuzugestehen, dass sich die Kommunikation auf ein Mindestmaß beschränke. Allerdings hätten sich auch keine Umstände ergeben, zu denen etwa der Antragsgegner für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zur Verfügung gestanden hätte. Eine gewisse aktive Grundverantwortung übe der Antragsgegner zudem dadurch aus, dass er den Kindesunterhalt regelmäßig bezahle. Schließlich ergebe sich aus den vorgelegten Chatverlaufsprotokollen, dass der Antragsgegner grundsätzlich an dem Kind Interesse gezeigt habe. Vor diesem Hintergrund könne von einer gänzlichen Gleichgültigkeit nicht ausgegangen werden, wenngleich die Tatsache, dass sich der Antragsgegner etwa zu den letzten Geburtstagen des Kindes nicht gemeldet habe, nachvollziehbar den Anschein einer Interessenlosigkeit erweckte.

Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich keine zu entscheidenden Konflikte der Eltern in wesentlichen Belangen abzeichneten, der Vater sich in jeder Hinsicht kooperationsbereit erklärt habe und Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung, die das Einvernehmen beider Eltern voraussetzen würden, nicht bevorstünden. In der Vergangenheit hätten die Eltern eine kindeswohldienliche Entscheidung praktizieren können.

Kindeswohl entscheidend

Die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge sei auch vor dem Hintergrund geboten, dass sich das Kind in der persönlichen Anhörung ausdrücklich für die Alleinsorge der Mutter ausgesprochen habe. Zwar sei der Wunsch des nun 13-jährigen Kindes grundsätzlich anzuerkennen. Indes komme ihm nicht die alleinige oder entscheidende Bedeutung zu. Denn es sei im Rahmen der persönlichen Anhörung offenbar geworden, dass das Kind aufgrund der Erfahrungen der letzten beiden Jahre von dem Antragsgegner enttäuscht sei, diesen indes jedoch nicht gänzlich und dauerhaft ausschließen möchte. Eine Auseinandersetzung mit dem Vater und der Vater-Sohn-Beziehung entspreche auch entwicklungspsychologisch der weiteren persönlichen Entwicklung des Kindes am besten, sodass das Gericht die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge auch vor diesem Hintergrund als kindeswohldienlicher ansehe.

Quelle | AG Frankenthal, Urteil vom 1.6.2021, 71 F 108/21, PM vom 17.6.2021

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Notarielle Scheidungsvereinbarung: Vereinbarung über außergerichtliche Kosten präzise formulieren

Wollen Parteien festlegen, wer in welcher Höhe die außergerichtlichen Kosten trägt, kann dies in einem Vergleich berücksichtigt werden. Solche Regelungen müssen aber präzise formuliert sein, sagt jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Dasselbe gelte, wenn die Kostenfrage in eine notarielle Scheidungsvereinbarung einbezogen werden soll.

Die Eheleute hatten eine notarielle Scheidungsvereinbarung geschlossen. Diese hielt u. a. fest, dass die Kosten der beabsichtigten einverständlichen Scheidung von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen getragen werden. Hierzu zählen allerdings nicht die außergerichtlichen Kosten. Um auch diese einzubeziehen, hätten die Eheleute eine (ausdrückliche) Regelung formulieren müssen, dass die vorgerichtliche Vertretung jeweils hälftig von beiden getragen wird. Das war nicht geschehen. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung waren bereits außergerichtliche Anwaltskosten angefallen.

Quelle | OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.3.2021, 9 WF 61/21

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Mietrückstände: Haftung nach Auszug aus der Ehewohnung

Paare mieten eine gemeinsame Wohnung meistens zu zweit. Beide Partner unterschreiben den Mietvertrag. Sie sind durch den Vertrag gemeinsam berechtigt und verpflichtet. Aber was passiert, wenn ein Partner auszieht? Mit dieser Frage hat sich jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg beschäftigt.

Der Ehemann war im Zuge der Trennung aus der Ehewohnung ausgezogen. Die Ehefrau und die drei − zum Teil volljährigen − Kinder verblieben in der Wohnung. In der Folge kam es zu Mietrückständen. Für diese haften bei einem gemeinsamen Mietvertrag grundsätzlich beide Eheleute. Der Vermieter lehnte es auch ab, den Ehemann aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Der Ehemann verlangte von der Ehefrau die Zustimmung zur Kündigung des Mietvertrags. Das lehnte die Ehefrau ab. Sie meinte, dazu nicht verpflichtet zu sein, solange die Ehe noch nicht geschieden sei.

Das Amtsgericht (AG) verpflichtete die Ehefrau, der Kündigung zuzustimmen. Nach Ablauf des Trennungsjahrs überwiege das Interesse des Ehemannes, aus dem Vertragsverhältnis entlassen zu werden. Die Ehefrau legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.

Das OLG bestätigte die rechtliche Bewertung des AG: Die Ehefrau müsse nach Ablauf des Trennungsjahrs an einer Befreiung des Ehemanns aus der gemeinsamen mietvertraglichen Bindung mitwirken. Dies gelte jedenfalls, wenn – wie hier – der in der Wohnung verbleibende Ehepartner nicht willens oder in der Lage sei, den anderen im Außenverhältnis zum Vermieter von Verpflichtungen freizustellen. Im konkreten Fall zahle der Ehemann bereits die nach seinem Auszug aufgelaufenen Mietschulden ab. Die Ehefrau könne auch nicht mit dem Argument gehört werden, der Ehemann habe die Familie „im Stich gelassen“. Sie habe nach dem Auszug während des Trennungsjahrs Zeit gehabt, sich eine andere, ihren Vermögensverhältnissen angemessene, Wohnung zu suchen. Sie hätte darüber hinaus nach dem Trennungsjahr auch eine Erwerbstätigkeit aufnehmen können. Vor diesem Hintergrund sei die Fortsetzung einer gemeinsamen Haftung für das Mietverhältnis nicht gerechtfertigt, so das OLG.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.3.2021, 13 UF 2/21, PM Nr. 21/2021

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Nachlassverzeichnis: Notar darf sich nicht nur auf Angaben des Erben verlassen

Der Notar, der ein Nachlassverzeichnis aufnehmen muss, ist regelmäßig auch verpflichtet, selbstständig die aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen zu ermitteln. Ein Verzeichnis, das sich nur auf die Beurkundung von Angaben des Erben beschränkt, erfüllt die Anforderungen nicht. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden.

Inwieweit der Notar bei Erstellen eines notariellen Nachlassverzeichnisses zur Durchsicht von Kontounterlagen verpflichtet ist, vor allem, um zu prüfen, ob im Verwendungszweck „Schenkung“ oder eine ähnliche Formulierung gebraucht ist, oder ob er die Kontoauszüge auf Auffälligkeiten überprüfen muss, die für eine Schenkung sprechen, lässt sich nur für den konkreten Einzelfall bestimmen. Im Streitfall ging das dem OLG etwas zu weit. Dass die Anforderungen an den Notar in solchen Fällen durchaus hoch sind, hat das OLG bereits früher entschieden, nämlich zu Nachfragen bei Banken oder Finanzämtern sowie zur Sichtung eines Bankschließfachs.

Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 25.3.2021, 6 U 74/20

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Mietrecht und WEG

Mietmangel: Vermieter sollten keine Informationsblätter zum richtigen Lüften herausgeben

Ein Mietmangel liegt auch vor, wenn sich Schimmel in der Wohnung nicht baubedingt bildet, sondern weil der Vermieter fehlerhaft über Lüftungsverhalten informiert. So sieht es das Landgericht (LG) Berlin.

Der Vermieter hatte der Mieterin ein Informationsblatt „zum richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung“ ausgehändigt. Danach komme Feuchtigkeit fast immer von innen und müsse durch ausreichendes Lüften regelmäßig aus der Wohnung abgeführt werden. Die Mieterin beanstandete, dass sich im Sommer Schimmel gebildet hatte, und verlangte vom Vermieter, ein Viertel der gezahlten Miete zurückzuzahlen. Des Weiteren wollte sie ihre Aufwendungen für die Schimmelbeseitigung ersetzt haben. Denn sie habe sich an die Vorgaben des Informationsblatts gehalten.

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger stellte fest: Der Schimmelbefall war zwar nicht auf Baumängel zurückzuführen. Das Informationsblatt zum Lüftungsverhalten sei aber falsch. Denn gerade die warme Luft im Sommer führe viel Feuchtigkeit mit sich, die beim Lüften tagsüber an den kälteren Innenwänden kondensiert. Der Sachverständige hielt ein nächtliches Lüften nach Abkühlen der Temperaturen für erforderlich. Dies sei für einen Laien aber nicht erkennbar.

Das LG sah den Schaden daher im Verantwortungsbereich des Vermieters und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

Quelle | LG Berlin, Urteil vom 6.4.2021, 67 S 358/20

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Wohnungseigentum: Verwalter darf über Versorgungsverträge entscheiden

Der Verwalter darf über den Abschluss eines Versorgungsvertrags regelmäßig aus eigener Befugnis entscheiden und muss keinen Eigentümerbeschluss einholen. So sieht es das Landgericht (LG) Frankfurt am Main.

Die Eigentümer hatten den Verwalter zur Kündigung und zum Abschluss von Versorgungsverträgen ermächtigt. Der Anfechtungskläger meint, der Beschluss sei zu unbestimmt und bringe unkontrollierbare Befugnisse für die Verwaltung mit sich; insbesondere fehle eine finanzielle Obergrenze.

Nach Auffassung des LG entspricht der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Für den Abschluss und die Kündigung von Versorgungsverträgen sei eine Budgetobergrenze regelmäßig nicht erforderlich. Bei den geringen Preisunterschieden für Strom, Gas etc. und wegen der bei Versorgungsverträgen üblichen kurzen Laufzeiten, sei die Gefahr gering, dass der Verwalter der Gemeinschaft hohe Verbindlichkeiten aufbürdet.

Quelle | LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.2.2021, 2-13 S 146/19

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Verbraucherrecht

Vertragsrecht: Widerruf eines Partnervermittlungsvertrags

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Der Kunde einer Partnervermittlungsagentur verliert sein Widerrufsrecht nicht dadurch, dass diese die geschuldete Anzahl von Partnervorschlägen zusammenstellt, ohne sie dem Kunden bereits überlassen zu haben, auch wenn allein dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen als „Hauptleistung“ bestimmt ist. Zudem ist der Wertersatzanspruch der Partnervermittlungsagentur nach dem Widerruf, von Ausnahmen abgesehen, zeitanteilig zu berechnen.

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss in ihrer Wohnung im Verlauf des Besuchs eines Vertreters der beklagten Agentur einen Partnervermittlungsvertrag. In den Vertragsunterlagen war u. a. bestimmt, dass die Beklagte als „Hauptleistung“ 21 Partnervorschläge (Partnerdepot) zusammenstelle. Hierauf sollten 90 Prozent und auf die „Verwaltung und Aktualisierung des Partnerdepots für die Dauer der Vertragslaufzeit von zwölf Monaten“ 10 Prozent des Honorars entfallen. Außerdem unterzeichnete die über ihr Widerrufsrecht belehrte Klägerin eine Erklärung, sie wünsche ausdrücklich, dass die Beklagte mit ihrer Dienstleistung aus dem Partnervermittlungsvertrag sofort beginne; ihr sei bewusst, dass sie ihr Widerrufsrecht verliere, wenn der Vertrag seitens der Beklagten vollständig erfüllt sei.

Am folgenden Tag zahlte die Klägerin an die Beklagte das vereinbarte Honorar in Höhe von 8.330 Euro. Am selben Tag übermittelte die Beklagte der Klägerin drei Kontakte, die dieser jedoch nicht zusagten. Die Klägerin „kündigte“ daraufhin nach einer Woche den Vertrag. Die Beklagte macht geltend, das Partnerdepot erstellt und damit ihre Leistung vollständig erbracht zu haben.

Landgericht und Oberlandesgericht uneins

Das Landgericht (LG) hat die auf Rückzahlung des o. g. Betrags gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht (OLG) die Beklagte hingegen zur Rückzahlung verurteilt. Von der Klageforderung seien aber 1.191 Euro abzuziehen, da die Klägerin drei der insgesamt 21 geschuldeten Partnervorschläge erhalten habe und der Beklagten daher Wertersatz in dieser Höhe schulde.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH hat die gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung von 7.139 Euro gerichtete Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin kann den Großteil des an die Beklagte geleisteten Betrags zurückverlangen.

Im Fall des wirksamen Widerrufs eines Verbrauchervertrags sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Parteien hatten einen widerruflichen Verbrauchervertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen. Der von der Klägerin erklärte Widerruf war wirksam.

Das Widerrufsrecht der Klägerin war nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung ihre Dienstleistung noch nicht vollständig erbracht hatte. Dies hätte erfordert, dass sie jedenfalls ihre Hauptleistungspflicht vollständig erfüllt hätte. Für die Auslegung, welche Pflichten Hauptleistungspflichten sind, ist entscheidend, worauf es der einen oder der anderen Partei in hohem Grad ankam, also was sie unter allen Umständen erlangen wollte.

Hier hatte die Beklagte ihre Leistung nicht vollständig erbracht. Die Erstellung des Partnerdepots war nicht (ausschließliche) Hauptleistungspflicht der Beklagten. Vielmehr ist für den Kunden der Beklagten allein die Zusendung der ausführlichen Partnervorschläge mit Namen und Kontaktdaten von Bedeutung. Diese Leistung hatte die Beklagte zum Zeitpunkt des Widerrufs nur zu einem geringen Teil erbracht. Darüber hinaus ist der Kunde auch darauf angewiesen, dass die Partnervorschläge zu dem Zeitpunkt, zu dem er sie zu einer Kontaktanbahnung nutzt, noch aktuell und bis dahin gegebenenfalls ergänzt und aktualisiert worden sind.

Für ein anderes Verständnis kann sich die Beklagte nicht auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, nach denen die „Hauptleistung“ (allein) in der Erstellung eines 21 Partnervorschläge umfassenden Partnerdepots liegt. Diese Bestimmung ist unwirksam. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann der Vertragsgegenstand nicht verändert werden.

Europäisches Recht

Nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8.10.2020 ist auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen. Daraus ergibt sich hier kein Anspruch der Beklagten, der 1.191 EUR übersteigt. Eine Ausnahme von einer zeitanteiligen Berechnung gilt nur, wenn der geschlossene Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden; ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.

Quelle | BGH, Urteil vom 6.5.2021, III ZR 169/20, PM Nr. 92/21

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Rechtsgeschäfte: Natürliche Personen handeln grundsätzlich als Verbraucher

Oft haben Privatpersonen auch ein Gewerbe oder sind selbstständig tätig. Schließt eine solche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, handelt sie als Verbraucher. Etwas anderes gilt nur, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig darauf hinweisen, dass die Privatperson in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. So sieht es der Bundesgerichtshof (BGH).

Die Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer kann im Einzelfall schwierig sein. Sie ist aber bedeutend, weil daran sowohl materiell-rechtliche als auch formelle Rechte und Pflichten anknüpfen. Die Entscheidung des BGH lässt am Ende nur die Einschätzung zu, dass der Gläubiger seinen Geschäftspartner eine eindeutige Erklärung zur Handlung als Verbraucher oder Unternehmer abgeben lässt oder die natürliche Person im Zweifel immer als Verbraucher behandelt.

Quelle | BGH, Urteil vom 7.4.2021, VIII ZR 191/19

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Haushaltsführungsschaden: Wie wirken sich Tiere aus?

Die Berücksichtigung der Versorgung eines im Haushalt des Geschädigten lebenden Haustiers bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens kommt grundsätzlich in Betracht. Zu diesem Thema gibt es nun zwei aktuelle Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG).

Das sagt das Oberlandesgericht Koblenz

Das OLG verlangt vom Geschädigten, dass er hierfür seine konkreten und individuellen Lebens- und Wohnverhältnisse darlegt, wie die Größe des Hauses, die Ausstattung des Hauses, die Zahl der zu versorgenden Personen und eine eventuelle Berufstätigkeit. Weiter muss er den genauen Umfang der Haushaltstätigkeit vor dem Unfall darlegen. Im Klartext: Was wurde täglich erledigt, was nur wöchentlich, was eventuell monatlich. Dem muss er den Umfang der (noch möglichen) Haushaltstätigkeiten nach dem Unfall gegenüberstellen. Er muss also die Frage beantworten: Was ist noch möglich? Im Zweifel muss er diese Tatsachen beweisen.

Bei der Versorgung von Tieren hat das OLG sehr strenge Maßstäbe angelegt. Fische und Hasen seien als Liebhaberei nicht zu berücksichtigen. Bei einem untergebrachten Pferd seien allenfalls die Pensionskosten als selbstständiger materieller Schaden zu berücksichtigen. Das Ausführen eines Hundes sei regelmäßig möglich und zu kompensieren.

Das sagt das Oberlandesgericht Celle

Dass man das anders sehen kann, zeigt eine Entscheidung des OLG Celle zu einem ähnlichen Sachverhalt. Das OLG: Der Zeitaufwand für die Versorgung eines Haustieres ist grundsätzlich erstattungsfähig. Es erscheint aber angebracht, nicht den gesamten hierfür erforderlichen Aufwand zu berücksichtigen, sondern einen Abschlag vorzunehmen für die allgemeine Lebensfreude, die mit der Haltung von Haustieren einhergeht. Das OLG hat daher den Aufwand nach Stunden geschätzt, einen Abschlag vorgenommen und am Ende vier Stunden wöchentlich mit einem Stundensatz von 8 EUR berücksichtigt.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 1.3.2021; OLG Celle, Urteil vom 16.12.2020, 14 U 108/20,

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Kfz-Kaufvertrag: Verkauf eines Gebrauchtwagens mit nicht zugelassenen Felgen: Käufer kann nicht zurücktreten

Wird ein Gebrauchtwagen mit Felgen verkauft, die keine Zulassung haben, berechtigt dies den Käufer nicht zum Rücktritt vom Kauf. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart zugunsten des Verkäufers entschieden.

Nicht zugelassene Felgen

Im Kaufvertrag über einen gebrauchten BMW 525d xDrive Touring stand folgender Zusatz: „Inkl. 1 x Satz gebrauchte Winterräder auf Alufelgen (ABE [= Allgemeine Betriebserlaubnis] für Winterräder wird nachgereicht).“ Was dem Käufer bekannt war: Die Felgen waren für das Fahrzeug nicht zugelassen. Die versprochene ABE wurde aber nicht nachgeliefert, sodass der Käufer vom Kauf zurücktreten wollte. Damit kam er jedoch nicht durch.

Mangel unerheblich

Dass der BMW im Zeitpunkt der Auslieferung einen Sachmangel hatte, war unstreitig. Dreh- und Angelpunkt des Streits waren vor allem zwei Anschlussfragen: War der Mangel zu beseitigen und, wenn ja, wodurch? Hat er das für einen Rücktritt erforderliche Gewicht oder handelt es sich nur um eine Bagatelle?

Zu beseitigen war der Mangel entweder durch Lieferung von Winterrädern mit zugelassenen Felgen oder durch Beschaffung einer Einzelbetriebserlaubnis für die mitverkauften Felgen. Damit konzentrierte sich alles auf die zweite Frage: Liegt ein erheblicher Mangel oder eine Bagatelle vor? Ein Sachverständiger musste klären, ob durch die Montage von Winterrädern mit Felgen ohne ABE die Betriebserlaubnis erloschen ist. Eine nachträgliche Veränderung eines Fahrzeugs führt nämlich nur zum Erlöschen seiner Betriebserlaubnis, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.

Eine solche Gefährdung hat der Gutachter verneint. Die Betriebserlaubnis war also nicht erloschen.

Sowohl die Beschaffung einer Einzelerlaubnis als auch die Lieferung mangelfreier Felgen, also ein Felgenaustausch, sind zu vergleichsweise geringen Kosten zu erlangen. Somit kam das OLG zum Schluss, dass die Bagatellgrenze nicht überschritten ist. Der Käufer durfte deshalb nicht vom Kauf zurücktreten.

Quelle | OLG Stuttgart, Urteil vom 9.2.2021, 10 U 46/18

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Irreführende Werbung: Auch für Kleinbeträge gelten Regeln

Die Werbeaussage „50 Cent Sofort-Rabatt auf den gesamten Einkauf bei Rückgabe von Leergut“ ist irreführend, wenn der Nachlass nur gewährt wird, falls der Kunde auch neue Getränke im Laden erwirbt. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg.

Die Beklagte betrieb Discount-Supermärkte. Sie warb u. a. mit der Aussage „50 Cent Sofort-Rabatt auf den gesamten Einkauf bei Rückgabe von Leergut“. Kunden erhielten den Vorteil aber nur, wenn sie bei einem neuen Einkauf auch Mehrweggetränke erwarben.

Das OLG: Dies ist irreführend. Denn auf die tatsächlichen Gegebenheiten weise die Beklagte nicht hin. Sie täusche damit den Kunden – unabhängig davon, ob es sich letztlich nur um 50 Cent handele. Im Discounter-Bereich sei der Preiskampf besonders ausgeprägt. Selbst geringe Preisreduzierungen würden eingesetzt, um Kunden zu gewinnen – wie hier.

Das OLG hob hervor: Üblicherweise sei die Pfandrückgabe von Rabatten ausgenommen, da die Pfandbeträge durchlaufende Posten des Händlers seien. Eine Gutschrift, die an die Rückgabe von Leergut geknüpft sei, sei daher ungewöhnlich. Sie könne preissensible Kunden besonders ansprechen und für Aufmerksamkeit sorgen.

Quelle | OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.3.2020, 3 U 86/20

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Verkehrsrecht

Fahrlässigkeit: Mit auf der Fahrbahn liegenden Personen müssen Sie bei Dunkelheit nicht rechnen!

Das Landgericht (LG) Mühlhausen hat jetzt die Frage verneint, ob ein Autofahrer damit rechnen muss, dass nachts außerorts auf einer unbeleuchteten Landstraße ein dunkel gekleideter Fußgänger auf der Fahrbahn liegt. Dem Fahrer war eine fahrlässige Tötung vorgeworfen worden, weil er den Fußgänger überfahren hatte und dieser an den Folgen des Unfalls verstarb.

Die entsprechende Situation sei nicht vorhersehbar gewesen. Zwar ist allgemein anerkannt, dass ein Autofahrer stets mit Hindernissen auf der Fahrbahn rechnen muss. Er muss daher auch vor unvermuteten Hindernissen anhalten können. Dies gilt jedoch nicht für solche Hindernisse, mit denen er unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss.

Nach der Lebenserfahrung muss sicherlich stets mit (auch besonders grober) Unachtsamkeit von Fußgängern gerechnet werden. Ein in höchstem Maße selbstgefährdendes, sich durch nichts ankündigendes Verhalten eines Fußgängers ist hingegen so ungewöhnlich und selten, dass niemand damit zu rechnen braucht, wenn nicht ausnahmsweise im Einzelfall besondere Umstände Anlass dazu geben.

So war es auch hier: Der Überfahrene hatte sich – stark alkoholisiert und unter Drogeneinfluss – nachts bei vollkommener Dunkelheit und schlechten Wetterverhältnissen außerorts auf einer unbeleuchteten Landstraße mittig auf die Fahrbahn gelegt.

Zwar muss man als Autofahrer, insbesondere im ländlichen Raum, durchaus damit rechnen, dass nachts und auch am frühen Morgen – unter Umständen auch alkoholisierte und dunkel gekleidete – Fußgänger an einer Landstraße entlanglaufen. Ein solches Verhalten von Fußgängern liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung. Hingegen ist es so ungewöhnlich und gerade nicht zu erwarten, dass im Winter bei Schneefall und kalten Temperaturen eine Person mitten auf der Fahrbahn liegt. Mit einer solchen Verkehrssituation muss man als Kraftfahrer nicht rechnen. Die Situation hat sich auch nicht zuvor angekündigt, z. B. durch mehrere im Bereich der Straße anwesende Personen.

Quelle | LG Mühlhausen, Beschluss vom 28.4.2021, 3 Qs 43/21, Abruf-Nr. 222596 unter www.iww.de

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Schmerzensgeld: Wenn ein Kfz ein am Fahrbahnrand stehendes Kind erfasst und die Versicherung nicht reguliert …

Erfasst ein Autofahrer ein zu nah an der Bordsteinkante wartendes elfjähriges Kind, führt dies zu einer ganz überwiegenden Haftung des Autofahrers. Tritt ein Haftpflichtversicherer bei eindeutiger Haftungslage über Jahre hinweg nicht in die Schadensregulierung ein, kann dies den Schmerzensgeldanspruch erhöhen. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken.

Der zum Unfallzeitpunkt elfjährige Kläger befand sich auf dem Weg zur Schule und wollte eine Kreuzung an einer Fußgängerampel überqueren. Er stellte sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante, um dort zu warten, bis die Ampel „grün“ zeigt. Die Beklagte fuhr mit ihrem Kfz in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbei und erfasste es.

Weitere Einzelheiten ließen sich hierzu nicht aufklären. Die Verkehrssituation hätte es aber zugelassen, mit weit größerem Abstand an dem Kind vorbeizufahren. Der Kläger wurde erheblich verletzt. Er verlangt von der Fahrzeughalterin und deren Haftpflichtversicherung Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Das Landgericht (LG) Kaiserslautern hat der Klage mit einer Haftungsquote von 80 Prozent zulasten der Beklagten stattgegeben. Deren Berufung hiergegen hatte keinen Erfolg. Ein Autofahrer ist danach nicht berechtigt, innerorts die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen. Erst recht muss das gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern gelten.

Zwar war dem verletzten Kind hier vorzuwerfen, dass es sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante gestellt hat, sodass es vom vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden konnte. Auch einem elfjährigen Schüler muss bewusst sein, dass diese Position an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und erhebliche Schäden auslösen kann. Dieses Mitverschulden rechtfertigt auch nach Auffassung des OLG aber keine Mithaftung des Klägers in Höhe von mehr als 20 Prozent.

Beachten Sie | Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes hat das OLG auch das Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherung berücksichtigt. Die Versicherung hatte an den Kläger über beinahe sieben Jahre hinweg keinerlei Schmerzensgeld gezahlt.

Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.4.2021, 1 U 141/19

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Strafgebühr: Parkscheibe auf dem Privatparkplatz

Auch auf einem frei zugänglichen privaten Parkplatz ist eine Parkscheibe von außen „gut lesbar“ entweder hinter der Windschutzscheibe oder aber auf der Abdeckplatte des Gepäckraumes (d. h. auf der „Hutablage“) bzw. an der Seitenscheibe anzubringen. So hat jetzt, wie zuvor schon weitere Gerichte, das Amtsgericht (AG) Brandenburg entschieden.

Folge: Wer das nicht tut, muss damit rechnen, dass ihn der „Parkplatzbetreiber“ auf ein Entgelt/eine Vertragsstrafe in Anspruch nimmt. Das AG liegt damit auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).

Quelle | AG Brandenburg, Urteil vom 23.10.2020, 31 C 200/19

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Schadenersatz/Schmerzensgeld: Kein Mitverschulden eines 11-jährigen Kindes an einem Unfall

Trifft ein elfjähriges Kind beim Überqueren einer Straße ein Mitverschulden an einem Verkehrsunfall? Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in einer aktuellen Entscheidung die situationsbedingte Überforderung des Kindes berücksichtigt, eine Gefahrenlage im Straßenverkehr richtig einzuschätzen.

Die damals 11-jährige Klägerin überquerte als letztes von vier Kindern kurz vor 8:00 Uhr morgens im Dunkeln eine Straße in der Nähe ihrer Schule. Eines der vorausgehenden Kinder trug eine gelb reflektierende Jacke. Dieser Gruppe näherte sich ein Pkw mit einer Geschwindigkeit von mindestens 55 km/h anstatt erlaubter 50 km/h. Kurz bevor die Klägerin den Bürgersteig erreichte, erfasste sie das Fahrzeug.

Die Klägerin erlitt durch den Unfall insbesondere einen Beckenbruch, einen Dammriss und eine Mittelgesichtsprellung. Sie wurde mehrtägig stationär behandelt. Sie verlangt von dem Fahrer, der Halterin und der Haftpflichtversicherung des Unfallfahrzeugs ein Schmerzensgeld und die Verpflichtung, für künftige unfallbedingte Schäden aufzukommen. Das Landgericht (LG) Verden hat in erster Instanz ein Mitverschulden der Klägerin angenommen, aufgrund dessen ihre Ansprüche um 25 Prozent gemindert seien.

Unangepasste Fahrweise einerseits ...

Das OLG Celle hat der Klägerin demgegenüber in vollem Umfang Recht gegeben. Der Autofahrer habe den Unfall jedenfalls ganz überwiegend verschuldet. Ein Fahrzeugführer muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung insbesondere von Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen ausgeschlossen ist. Hier hätte der Fahrer sein Fahrverhalten sofort anpassen müssen, als er die Kinder im Straßenbereich wahrnahm. Darüber hinaus hätte er den Unfall auch verhindern können, wenn er nur die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte.

... aber auch fehlerhaftes Verhalten des Kindes

Zwar hatte sich das Kind ebenfalls falsch verhalten. Es hatte nämlich beim Überqueren der Straße den vorfahrtsberechtigten Fahrzeugverkehr nicht ausreichend beachtet. Nach dem OLG traf es insoweit aber kein Verschulden. Kinder, so das OLG, können ohnehin erst ab Vollendung des zehnten Lebensjahrs für Unfälle im Straßenverkehr verantwortlich sein. Hier kam hinzu, dass das nur unwesentlich ältere Kind nachvollziehbar überfordert war, weil es sich schon auf der Straße befand, als es das Fahrzeug wahrnahm, Entfernung und Geschwindigkeit dieses Fahrzeugs auch aufgrund der Dunkelheit falsch einschätzte und reflexhaft die falsche Entscheidung traf, der Gruppe hinterherzulaufen. Der Autofahrer habe sich auch nicht darauf verlassen dürfen, dass sich das Kind richtig verhalten werde.

Schwere Langzeitschäden für das Kind

Das OLG hat deshalb nicht nur die Verpflichtung der Beklagten festgestellt, der Klägerin ihren materiellen Schaden vollständig zu ersetzen. Er hat sie auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt, das mit insgesamt 35.000 EUR noch deutlich über den Vorstellungen der Klägerin selbst lag. Die Klägerin hatte schwere Verletzungen und Dauerschäden erlitten, u.a. im Genitalbereich, mit möglichen Risiken auch bei späteren Schwangerschaften. Aufgrund ihres jungen Alters hatte und hat sie noch lange an den Verletzungsfolgen zu tragen. Dies war bei der Schmerzensgeldbemessung bislang nicht berücksichtigt worden.

Quelle | OLG Celle, Urteil vom 19.5.2021, 14 U 129/20

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Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

Keine Verwechslungsgefahr: Planungs-GmbH darf „partners“ im Namen verwenden

Eine Planungs-GmbH darf in ihrem Büronamen den Zusatz „partners“ verwenden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun klargestellt. Es besteht keine Verwechslungsgefahr zur Partnerschaftsgesellschaft.

Das sog. Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (PartGG) bestimmt, dass die Zusätze „Partnerschaft“ oder „und Partner“ nur von Partnerschaften geführt werden dürfen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist allen Gesellschaften mit einer anderen Rechtsform als der Partnerschaft, die nach dem Inkrafttreten des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes gegründet oder umbenannt werden, das Führen des Zusatzes „und Partner“ bzw. „Partnerschaft“ verwehrt, weil der Gesetzgeber diese Bezeichnung für Partnerschaften „reserviert“ hat.

Nach dem Gesetzeszweck, den Rechtsformzusatz „Partnerschaft“ bzw. „und Partner“ durchzusetzen und zu schützen, ist eine untechnische Verwendung folgerichtig auch nur für Begriffe oder Schreibweisen auszuschließen, die ihrerseits als Rechtsformzusatz einer Partnerschaftsgesellschaft genügen. Dafür kommen über den Wortlaut hinaus allenfalls in engen Grenzen sinngemäße Abwandlungen der Begriffe „Partner“ oder „Partnerschaft“ in Frage, fremdsprachige Begriffe jedoch nicht.

Danach ist „partners“ zulässig. Dass „und“ oder ein gebräuchliches Zeichen dafür fehlen, ist zwar nicht von Bedeutung, da nicht das Bindewort, sondern das Substantiv „Partner“ entscheidend ist. Davon unterscheidet sich das Wort „partners“ aber, wenn auch geringfügig, durch das zusätzliche „s“. Eine sinngemäße Abwandlung des Begriffs „Partner“ liegt darin nicht, vielmehr handelt es sich auch infolge der Kleinschreibung erkennbar um den Plural des englischen „partner“. Der fremdsprachige Begriff „partners“ wäre als Rechtsformzusatz für eine Partnerschaftsgesellschaft aber nicht zulässig.

Quelle | BGH, Urteil vom 13.4.2021, II ZB 13/20; ZDK-Meldung vom 26.5.2021 Zurück zur Übersicht


Coronapandemie: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist beendet – mit weitreichenden Folgen

Seit dem 1.5.2021 besteht wieder eine Insolvenzantragspflicht und somit das „reguläre“ Insolvenzrecht aus der Zeit vor der Coronapandemie. Insofern gelten nun wieder strenge Insolvenzantragspflichten bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eines Unternehmens, die in der Insolvenzordnung (§ 15a InsO) geregelt sind. Die Geschäftsleitung des Unternehmens ist dafür verantwortlich, diese zu befolgen.

Mit dem Ende der Aussetzung sind aber auch die laut dem „Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz“ (§§ 2, 3 COVInsAG) gewährten Privilegien weggefallen. Demnach ergeben sich Änderungen in Bezug auf:

Beachten Sie | Praxisrelevant dürfte vor allem sein, dass Geschäftsführer, die keinen rechtzeitigen Insolvenzantrag stellen, wieder der vollen persönlichen Haftung unterliegen.

Ebenso wird für viele Betriebe spürbar werden, dass

Quelle | COVInsAG, abrufbar unter www.iww.de/s5178; Bundesregierung, 3. Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vom 22.6.2021, Abruf-Nr. 223032 unter www.iww.de

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Berechnung der Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht /  Basiszinssätze

Zeitraum Zinssatz
01.01.2021 bis 30.06.2021 -0,88 Prozent
01.07.2020 bis 31.12.2020 -0,88 Prozent
01.01.2020 bis 30.06.2020 -0,88 Prozent
01.07.2019 bis 31.12.2019 -0,88 Prozent
01.01.2019 bis 30.06.2019 -0,88 Prozent
01.07.2018 bis 31.12.2018 -0,88 Prozent
01.01.2018 bis 30.06.2018 -0,88 Prozent
01.07.2017 bis 31.12.2017 -0,88 Prozent
01.01.2017 bis 30.06.2017 -0,88 Prozent
01.07.2016 bis 31.12.2016 -0,88 Prozent
01.01.2016 bis 30.06.2016 -0,83 Prozent
01.07.2015 bis 31.12.2015 -0,83 Prozent
01.01.2015 bis 30.06.2015 -0,83 Prozent
01.07.2014 bis 31.12.2014 -0,73 Prozent
01.01.2014 bis 30.06.2014 -0,63 Prozent
01.07.2013 bis 31.12.2013 -0,38 Prozent
01.01.2013 bis 30.06.2013 -0,13 Prozent
01.07.2012 bis 31.12.2012 0,12 Prozent
01.01.2012 bis 30.06.2012 0,12 Prozent
01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
01.01.2011 bis 30.06.2011 0,12 Prozent
01.07 2010 bis 31.12.2010 0,12 Prozent
01.01.2010 bis 30.06.2010 0,12 Prozent
01.07 2009 bis 31.12.2009 0,12 Prozent
01.01.2009 bis 30.06.2009 1,62 Prozent
01.07.2008 bis 31.12.2008 3,19 Prozent
01.01.2008 bis 30.06.2008 3,32 Prozent
01.07.2007 bis 31.12.2007 3,19 Prozent
01.01.2007 bis 30.06.2007 2,70 Prozent