März 2025
- März 2025
Arbeitsrecht
Arbeitsvertrag: Profifußballtrainer: Arbeitsverhältnisbefristung und Kündigung wegen fehlender Lizenz für nächsthöhere Liga
Das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen hat entschieden: Die Besonderheiten der Arbeitsleistung eines Profifußballtrainers können zwar die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Im konkreten Fall scheiterte dies jedoch an dem Schriftformerfordernis. Die Kündigung des Fußballtrainers wegen der fehlenden erforderlichen Lizenz für die nächsthöhere Liga war hingegen gerechtfertigt.
Das war geschehen
Die Beklagte ist für den Spielbetrieb der 1. Fußballmannschaft zuständig. Der Kläger war zunächst ab Anfang 2022 bei der Beklagten als Sportdirektor beschäftigt. Er ist Inhaber der Trainer-A-Lizenz (Trainerberechtigung für die Fußball-Regionalliga); über eine „Pro-Lizenz“ (Trainerberechtigung für die 3. Liga) verfügt der Kläger nicht. Seit Ende 2022 trainierte er die 1. Fußballmannschaft, die in der Regionalliga spielte. Ende Januar 2023 schlossen die Parteien einen ab 1.1.2023 geltenden, zunächst bis zum 30.6.2024 befristeten, Arbeitsvertrag ab. Der Vertrag enthielt je nach Platzierung eine Verlängerung und verschiedene Prämien.
Die Beklagte stellte den Kläger im August 2023 von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Grundvergütung frei. Mit Abschluss der Saison 2023/2024 stieg die 1. Fußballmannschaft der Beklagten in die 3. Liga auf und gewann den Mittelrheinpokal. Im Juni und Juli 2024 sprach die Beklagte drei ordentliche fristgerechte Kündigungen aus.
Sachgrundbefristung gerechtfertigt
Das ArbG entschied, dass die Sachgrundbefristung eines Profifußballtrainers wegen der Eigenart der Arbeitsleistung grundsätzlich nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (hier: § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG) gerechtfertigt ist. Es sei Aufgabe des Cheftrainers, dafür zu sorgen, dass die Spieler die von ihnen geforderte Spitzenleistungen abrufen. Hierfür sei er als zentraler, prägender Leiter der Mannschaft zuständig. Das Erfordernis, dass die Spieler als Individuum und im Kollektiv Spitzenleistungen erbringen müssten, gebiete es, kurzfristig reagieren zu können, wenn diese Spitzenleistungen nachlassen oder ausbleiben. Ein kurzfristiger Austausch wesentlicher Teile der Mannschaft sei nicht möglich.
Formelle Mängel der Befristung...
Die Befristung des Arbeitsvertrags im vorliegenden Fall sei aus formellen Gründen gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam, da die Leistung der Unterschriften nach Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger erfolgte.
... aber Kündigung wirksam
Demgegenüber sei die Kündigung des Profifußballtrainers wegen des Fehlens der erforderlichen „Pro-Lizenz“ für die 3. Liga wirksam. Der Erwerb der erforderlichen Lizenz liege im Verantwortungsbereich des Trainers. Bis zum Zeitpunkt des Aufstiegs in die 3. Liga habe der Kläger trotz Freistellung einen Anspruch auf Vergütung und die Zahlung der Prämien. Nach Aufstieg in die 3. Liga habe der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütung oder Prämien, da er die Voraussetzung für die Tätigkeit als Cheftrainer nicht erfüllt habe.
Quelle | ArbG Aachen, Urteil vom 19.11.2024, 8 Ca 3230/23, PM 1/25
Formerfordernis: Falsch gefaltete Stimmzettel bei Betriebsratswahl ungültig
Auch bei Betriebsratswahlen gibt es klare Regeln, die eingehalten werden müssen. Das zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Frankfurt a. M. Das Gericht hob hervor, wie wichtig auch scheinbare Kleinigkeiten sein können – etwa die richtige Faltung des Stimmzettels. Ein falsch gefalteter Stimmzettel kann zur Ungültigkeit der Stimmabgabe führen.
Betriebsratswahl
In einem Eisenbahnunternehmen fand eine Betriebsratswahl statt. Ein Teil der Wahlberechtigten nahm an der Wahl per Briefwahl teil. Dabei kam es bei vier Stimmzetteln zu einem Fehler: Die Stimmzettel waren so gefaltet, dass die Schrift nach außen sichtbar war.
Dies verstößt gegen die Vorgaben der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (hier: § 25 S. 1 Nr. 1 WO-BetrVG), wonach der Stimmzettel so zu falten ist, dass die Stimmabgabe erst nach vollständiger Entfaltung erkennbar ist. Der Wahlvorstand erklärte diese Stimmen für ungültig, woraufhin die Wahl angefochten wurde.
Gericht: Falsche Faltung macht Stimmabgabe ungültig
Das LAG bestätigte die Entscheidung des Wahlvorstands und erklärte die Stimmzettel für ungültig.
Das Gericht führte aus, dass die richtige Faltung des Stimmzettels entscheidend für den Schutz der geheimen Wahl sei. Wird der Stimmzettel so gefaltet, dass die Schrift nach außen zeigt, ist es dem Wahlvorstand oder den Wahlbeobachtern möglich, die Entscheidung des Wählers zu erkennen, bevor der Stimmzettel in die Wahlurne geworfen wird. Dies widerspricht dem Grundsatz der geheimen Wahl, der durch die korrekte Faltung gewährleistet werden soll.
Warum ist das Falten bei der Briefwahl wichtig?
Auch bei der Briefwahl ist der Stimmzettel so zu falten, dass die Stimmabgabe nicht erkennbar ist. Auch, wenn der Stimmzettel in einem Umschlag verschickt wird, kann das Wahlgeheimnis nur durch eine ordnungsgemäße Faltung des Stimmzettels gewahrt werden. Das Gericht wies auch darauf hin, dass der Wahlvorstand als Gremium über Briefwahlanträge zu entscheiden habe. Eine bloße Versendung der Briefwahlunterlagen durch ein einzelnes Mitglied des Wahlvorstands sei unzulässig.
Quelle | LAG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.11.2023, 16 TaBV 83/23, www.dav-arbeitsrecht.de vom 3.10.2024
Textformerfordernis: Entgeltabrechnungen als elektronisches Dokument?
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer nach der Gewerbeordnung (hier: § 108 Abs. 1 S. 1 GewO) bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform erteilen. Diese Verpflichtung kann er grundsätzlich auch dadurch erfüllen, dass er die Abrechnung als elektronisches Dokument zum Abruf in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellt. So hat es jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Klägerin verlangte Abrechnungen in Papierform
Die Klägerin ist im Einzelhandelsbetrieb der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Für den Konzernverbund, dem die Beklagte angehört, regelt die Konzernbetriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung eines digitalen Mitarbeiterpostfachs vom 7.4.2021, dass alle Personaldokumente, insbesondere Entgeltabrechnungen, über einen externen Anbieter in einem digitalen Mitarbeiterpostfach bereitgestellt werden und von den Beschäftigten über einen passwortgeschützten Online-Zugriff abrufbar sind. Sofern für Beschäftigte keine Möglichkeit besteht, über ein privates Endgerät auf die im digitalen Mitarbeiterpostfach hinterlegten Dokumente zuzugreifen, muss der Arbeitgeber ermöglichen, die Dokumente im Betrieb einzusehen und auszudrucken.
Auf Grundlage der Konzernbetriebsvereinbarung stellte die Beklagte ab März 2022 Entgeltabrechnungen nur noch elektronisch zur Verfügung. Dem widersprach die Klägerin und verlangte, ihr weiterhin Abrechnungen in Papierform zu übersenden.
Landesarbeitsgericht: Entgeltabrechnung war nicht ordnungsgemäß
Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat der Klage, mit der die Klägerin die Erteilung der Entgeltabrechnungen begehrt, stattgegeben. Es hat angenommen, die Entgeltabrechnungen seien ihr durch Einstellen in das Online-Portal nicht ordnungsgemäß erteilt. Bei Entgeltabrechnungen handele es sich um zugangsbedürftige Erklärungen. Ein digitales Mitarbeiterpostfach sei nur dann als Empfangsvorrichtung geeignet, wenn der Empfänger es – anders als die Klägerin im Streitfall – für den Erklärungsempfang im Rechts- und Geschäftsverkehr bestimmt habe.
Bundesarbeitsgericht: Arbeitgeber wahrt Textform
Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.
Erteilt der Arbeitgeber Entgeltabrechnungen, indem er diese in ein digitales Mitarbeiterpostfach einstellt, wahrt er damit grundsätzlich die von der Gewerbeordnung (hier: § 108 Abs. 1 S. 1 GewO) vorgeschriebene Textform. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abrechnung seines Entgelts ist eine sog. Holschuld, die der Arbeitgeber erfüllen kann, ohne für den Zugang der Abrechnung beim Arbeitnehmer verantwortlich zu sein. Es genügt, dass er die Abrechnung an einer elektronischen Ausgabestelle bereitstellt. Hierbei hat er den berechtigten Interessen der Beschäftigten, die privat nicht über die Möglichkeit eines Online-Zugriffs verfügen, Rechnung zu tragen.
Grundlage: Konzernbetriebsvereinbarung
Die in der Konzernbetriebsvereinbarung im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) geregelte digitale Zurverfügungstellung der Entgeltabrechnungen greift nicht unverhältnismäßig in die Rechte der betroffenen Arbeitnehmer ein.
Das BAG war jedoch an einer abschließenden Entscheidung gehindert, weil bisher keine Feststellungen dazu getroffen worden sind, ob Einführung und Betrieb des digitalen Mitarbeiterpostfachs in die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats fallen.
Quelle | BAG, Urteil vom 28.1.2025, 9 AZR 48/24, PM 3/25
Baurecht
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure: Zwischen Bauleitung und Bauüberwachung ist zu differenzieren
Objektüberwachung und Bauleitung sind inhaltlich „zwei Paar Schuhe“. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt festgestellt.
Architekt verlangte Honorar für Bauleitung
Ein Architekt rechnete Honorar für „Bauleitung“ ab. Er bezog sich auf die Leistungsphase 8 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Er konnte aber nicht nachweisen, entsprechende Objektüberwachungsleistungen erbracht zu haben.
So sahen es die Gerichte
Die Gerichte kamen dagegen zu der Auffassung, dass er als Bauleiter nach der Hessischen Bauordnung (hier: § 59 HBO) tätig sein sollte. Diese Person muss u. a. darüber wachen, dass die Baumaßnahme nach den genehmigten Bauvorlagen bzw. – soweit eine bauaufsichtliche Prüfung entfällt – nach den eingereichten Bauvorlagen ausgeführt wird.
Bei der Überwachungstätigkeit muss der Bauleiter auf den sicheren Betrieb der Baustelle achten. Dazu zählt, dass die Arbeiten der Unternehmen ohne gegenseitige Gefährdung und ohne Gefährdung Dritter durchgeführt werden können. Über die HOAI können diese Leistungen – so sie denn erbracht wurden – nicht abgerechnet werden.
Der Bauleiter, so das OLG, sei nach dem allgemeinen Sprachverständnis dafür zuständig, zu überwachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird. Der Objektüberwacher dagegen schuldet eine Ausführung des Objekts gemäß der vertraglichen zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrn.
Der Architekt ging also leer aus. Da der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hatte, ist die Entscheidung des OLG nun auch rechtskräftig.
Quelle | OLG Frankfurt, Urteil vom 11.5.2023, 22 U 19/22
Bundesgerichtshof: Verjährungsbeginn für die Bauhandwerkersicherungshypothek
Die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellen einer Bauhandwerkersicherung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beginnt taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit. So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH).
So ist die Verjährung geregelt
Der Anspruch auf Stellen einer Bauhandwerkersicherung, wonach der Unternehmer unter im BGB näher geregelten Voraussetzungen vom Besteller eine Sicherheitsleistung in Höhe der vereinbarten Vergütung verlangen kann, verjährt in der regelmäßigen – dreijährigen – Verjährungsfrist nach § 195 BGB. Nun hat der BGH die bisher offene Frage entschieden, wann die Verjährung beginnt.
So begründet der BGH seine Ansicht
Dass die Verjährungsfrist taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit beginnt, folgt für den BGH aus der entsprechenden Anwendung von § 604 Abs. 5, § 695 S. 2, § 696 S. 3 BGB auf diesen Anspruch. § 199 Abs. 1 BGB, wonach die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, ist daher nicht anzuwenden.
Quelle | BGH, Urteil vom 21.11.2024, VII ZR 245/23
Familien- und Erbrecht
Elternunterhalt: Wie weit gehen die Auskunftspflichten nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz?
Das Bundessozialgericht (BSG) musste sich mit der Frage befassen, wann die mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz neu gestaltete Auskunftspflicht von Angehörigen gegenüber dem Sozialamt greift.
Vater lebte im Seniorenwohnheim und erhielt Hilfe zur Pflege
Der Vater des Klägers lebt in einem Seniorenwohnheim und erhält vom Sozialhilfeträger Hilfe zur Pflege. Er ist geschieden und hat neben dem Kläger noch einen weiteren Sohn, der im Jahr 2020 Student war.
Der Sozialhilfeträger erlangte im Internet Informationen über die Arbeitgeberin des Klägers, eine Digitalagentur mit über 100 Mitarbeitern und einem Honorarumsatz im hohen siebenstelligen Bereich, und seine dortige Position als Chief Technology Officer (CTO). Er teilte dem Kläger mit, es sei davon auszugehen, dass sein Bruttoeinkommen die Grenze von 100 000 Euro jährlich überschreite und verlangte Auskunft über sein Einkommen und sein Vermögen.
Hiergegen wandte sich der Kläger. Denn mit den genannten Informationen sei die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt. Es bestehe deshalb keine Auskunftspflicht.
So sah es das Landessozialgericht
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat den Auskunftsbescheid aufgehoben. Zwar sei die o. g. Vermutungsregel mit den öffentlich zugänglichen Informationen aus dem Internet widerlegt. Im sich anschließenden Auskunftsverfahren sei aber ein gestuftes Vorgehen erforderlich: In einem ersten Schritt sei der Sozialhilfeträger lediglich berechtigt, Auskünfte über das Bruttojahreseinkommen des potenziell Unterhaltsverpflichteten einzuholen.
Erst, wenn auf dieser Grundlage die 100 000-Euro-Grenze tatsächlich überschritten sei, bestehe in einem zweiten Schritt ein umfassendes Auskunftsrecht, das sich auch auf Vermögen beziehe.
Mit seiner Revision rügt der beklagte Sozialhilfeträger, dass das vom LSG geforderte gestufte Auskunftsverfahren im Gesetz keine Stütze finde. Wenn zu vermuten sei, dass die Einkommensgrenze überschritten werde, bestehe auch eine Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen, damit der Sozialhilfeträger den Unterhaltsanspruch umfassend prüfen könne.
So sah es das Bundessozialgericht
Das BSG gab dem Kläger ebenfalls recht: Vermögensauskünfte können nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz erst dann verlangt werden, wenn die Einkommensgrenze von 100.000 Euro tatsächlich überschritten wird.
Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz hat der Gesetzgeber zum 1.1.20 u. a. unterhaltsverpflichtete Kinder entlastet. Ein Unterhaltsrückgriff durch den Sozialhilfeträger auf ein erwachsenes Kind, dessen Eltern vom Sozialamt Leistungen erhalten, ist mit dem neu eingeführten § 94 Abs. 1a SGB XII gegenüber dem früheren Recht beschränkt worden: Ein möglicher Unterhaltsanspruch der Eltern gegen ihre erwachsenen Kinder geht erst auf den Sozialhilfeträger über, wenn das Einkommen des Kindes einen Jahresbetrag von 100 000 Euro übersteigt. Dabei wird gesetzlich vermutet, dass diese Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Erst, wenn die Vermutung widerlegt ist, kann Auskunft vom unterhaltsverpflichteten Kind verlangt und anschließend ein Unterhaltsrückgriff vom Sozialhilfeträger geltend gemacht werden. Dabei ist ggf. auch vorhandenes Vermögen zu berücksichtigen.
Legitim: Informationen aus dem Internet eingeholt
Auch das BSG ging davon aus, dass es hinreichende Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Mann ein Einkommen von mehr als 100.000 Euro habe. Dass der Sozialhilfeträger diese Anhaltspunkte aus dem Internet habe, sei nicht zu beanstanden. Die Auskunftspflicht sei aber zunächst auf das Einholen von Auskünften zu den Einkommensarten beschränkt. So habe es der Gesetzgeber gewollt. Denn er beabsichtigte, in erster Linie erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern zu entlasten. Dem widerspräche es, die Auskunftspflicht auszuweiten.
Quelle | BSG, Urteil vom 21.11.2024, B 8 SO 5/23 R, PM 32/24
Formerfordernis: Bundesgerichtshof: Online-Eheschließungen unwirksam
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über die Wirksamkeit einer von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem Standesbeamten in Utah/USA geschlossenen Ehe entschieden. Sein Fazit: Eine solche Ehe ist unwirksam.
Das war geschehen
Die Antragsteller des Personenstandsverfahrens sind nigerianische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Sie schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah/USA. Während der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Nachdem die Eheschließung von einer deutschen Meldebehörde nicht als wirksam angesehen wurde, haben die Antragsteller die beabsichtigte (erneute) Eheschließung beim zuständigen Standesamt angemeldet. Das Standesamt hat eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht (AG) eingereicht mit der Frage, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung in Deutschland entgegensteht.
So sahen es die Vorinstanzen
Das AG hat das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller die Ehe in Utah geschlossen haben. Denn diese Eheschließung sei unwirksam. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Beschwerde der Standesamtsaufsicht zurückgewiesen. Hiergegen hat sich die Standesamtsaufsicht mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde gewendet.
So sieht es der Bundesgerichtshof
Der BGH hat die Entscheidung des OLG bestätigt. Gemäß dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (hier: Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB) kann eine (verschiedengeschlechtliche) Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Danach müssen die Erklärungen der Eheschließenden vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgegeben werden. Findet die Eheschließung dagegen im Ausland statt, kann das gegebenenfalls weniger strenge Recht des Eheschließungsorts angewendet werden.
Für die Eheschließung steht nach deutschem Rechtsverständnis der Konsens der Eheschließenden im Mittelpunkt. Daher ist auf den Ort der Abgabe der Eheschließungserklärungen abzustellen. Es genügt, dass eine der Erklärungen in Deutschland abgegeben wurde, weil damit ein wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht wurde. Der hiervon abweichende Ort des Zugangs der Eheschließungserklärungen oder der ausländische Sitz des Trauungsorgans, an das die Erklärungen übermittelt werden, führen zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Missachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Inlandsform hat zur Folge, dass die Online-Eheschließung vor der ausländischen Behörde im Inland unwirksam ist. Da hier die Eheschließungserklärungen in Deutschland abgegeben wurden, hätte die nach inländischem Recht vorgeschriebene Form eingehalten werden müssen. Das war nicht der Fall, sodass die unwirksame Eheschließung der jetzt angemeldeten rechtlich nicht entgegensteht.
Quelle | BGH, Beschluss vom 25.11.2024, XII ZB 244/22, PM 226/24
Bundesverfassungsgericht: Namensrechtliche Folgen einer Volljährigenadoption
Es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar, dass als Folge der Adoption einer volljährigen Person diese ihren bisherigen Nachnamen nicht unverändert fortführen kann. So hat es das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden.
Wird eine volljährige Person als Kind einer anderen Person (Volljährigenadoption) angenommen, ordnet das Gesetz im Grundsatz an, dass als Folge die angenommene volljährige Person den Familiennamen der annehmenden Person als Geburtsnamen erhält. Damit kann einhergehen, dass sich auch der geführte Familienname der angenommenen Person ändert und sie ihren bisherigen Familiennamen lediglich noch als Teil eines Doppelnamens beibehalten kann. Das BVerfG hat jetzt klargestellt: Dies greift zwar in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der angenommenen Person ein, ist aber mit dem Grundgesetz vereinbar.
Quelle | BVerfG, Beschluss vom 24.10.2024, 1 BvL 10/20
Mietrecht und WEG
Vertragsverletzung: Bei Rückstand von Wohnungsmiete: Nachträgliche Zahlung steht Räumung nicht zwingend entgegen
Wird einem Wohnungsmieter fristgerecht gekündigt, weil dieser mit der Mietzahlung in Rückstand geraten ist, lässt sich diese Kündigung nicht ohne Weiteres dadurch aus der Welt schaffen, dass der Mietrückstand nachträglich noch ausgeglichen wird. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden. Das LG hat die Mieterin zum Auszug aus der Wohnung verpflichtet, obwohl sie im laufenden Räumungsverfahren die offenen Mieten noch ausgeglichen hatte.
Mieterin zahlte zwei Monatsmieten nicht
Im konkreten Fall klagten die Vermieter zunächst vor dem AG gegen ihre Mieterin auf Räumung der Mietwohnung. Vorausgegangen war eine Kündigung, die sie zur Sicherheit zweifach erklärt hatten: zum einen fristlos – aus wichtigem Grund -, zusätzlich aber auch fristgerecht wegen Verletzung der vertraglichen Zahlungspflicht. Beide Kündigungen begründeten die Vermieter u. a. damit, dass zwei Monatsmieten nicht bezahlt wurden.
Die Mieterin bestritt dies nicht und zahlte die beiden offenen Mieten schließlich während des laufenden Gerichtsverfahrens vollständig. Sie berief sich nun darauf, dass die Kündigung infolge der Zahlung unwirksam geworden sei. Das AG folgte dem nicht und verurteilte die Mieterin zur Räumung der Mietwohnung.
Zu Recht gekündigt
Die dagegen gerichtete Berufung zum LG hatte keinen Erfolg. Das LG bestätigte, dass die Kündigung wegen der rückständigen Mieten zu Recht erfolgt sei. Im Zeitpunkt der Kündigung sei die Mieterin mit zwei Monatsmieten im Rückstand gewesen und nur darauf komme es hier an.
Vermieter hatten fristlos und fristgerecht gekündigt
Die gesetzliche Regelung, wonach ein Mietrückstand nachträglich ausgeglichen werden und die Kündigung dadurch möglicherweise beseitigen könne, gelte in dieser Form nur für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Hier hatten die Vermieter daneben sicherheitshalber aber auch noch fristgerecht gekündigt. Eine solche „ordentliche“ Kündigung werde durch die nachträgliche Zahlung der Mieten nicht ohne Weiteres unwirksam. Bei einer fristgerechten Kündigung sei lediglich zu prüfen, ob es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben für die Vermieterseite zumutbar sei, auf die Räumung zu verzichten, nachdem keine Rückstände mehr bestehen. Dafür sah das LG hier aber keine Anhaltspunkte.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle | LG Frankenthal, Urteil vom 1.3.2024, 2 S 118/23, PM vom 30.9.2024
Eigenbedarfskündigung: Eigenbedarf: Cousins gehören nicht zur Familie
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat u. a. entschieden: Als Familienangehörige im Sinne der Eigenbedarfskündigung sind ausschließlich die Personen anzusehen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen nach der Zivilprozessordnung oder der Strafprozessordnung (hier: § 383 ZPO, § 52 StPO) zusteht. Cousins zählen hierzu nicht.
Das war geschehen
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, begehrt nach Ausspruch einer Kündigung wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter von den Beklagten die Räumung und Herausgabe einer an diese vermieteten Wohnung. Die Klägerin hatte das Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet, nach deren Überlassung an die Beklagten erworben und ist dadurch als Vermieterin in das bestehende Mietverhältnis eingetreten. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Klägerin zwei Gesellschafter, die Cousins waren.
Die Beklagten haben die Kündigung für unwirksam gehalten und sich hierbei auf die Kündigungsbeschränkung des Bürgerlichen Gesetzbuchs berufen (hier: § 577a Abs. 1a S. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung des Landes Berlin vom 13.8.13). Hiernach kann sich eine Personengesellschaft, an die vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter veräußert worden ist, erst nach Ablauf von zehn Jahren seit der Veräußerung für eine Kündigung der Wohnung gegenüber dem Mieter auf berechtigte Interessen berufen. Diese Kündigungsbeschränkung gilt indes nicht, wenn die im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs vorhandenen Gesellschafter derselben Familie angehörten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass dies (auch) bei Cousins der Fall sei und deshalb die Kündigungsbeschränkung im Streitfall nicht eingreife.
So sieht es der Bundesgerichtshof
Der BGH: Den Begriffen „Familie“ und „Familienangehörige“ in den hier maßgeblichen Vorschriften kommt dieselbe Bedeutung zu. Hiervon sind ausschließlich die Personen umfasst, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen zusteht. Ein entfernterer Verwandter, der – wie ein Cousin – nicht zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist, gehört somit auch dann nicht zu dem privilegierten Personenkreis, wenn zwischen ihm und dem Vermieter eine enge persönliche Bindung besteht. Ebenso gilt die Privilegierung selbst im Fall einer engen persönlichen Verbundenheit zwischen den Mitgesellschaftern nicht, wenn das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihnen so entfernt ist, dass es sie nicht zur Zeugnisverweigerung berechtigt.
Der vom Gesetzgeber bezweckten Privilegierung von Familienangehörigen in den o. g. Vorschriften liegt eine typisierende Betrachtungsweise dahingehend zugrunde, dass zwischen den hiervon umfassten Personen aufgrund einer familiären Beziehung eine besondere persönliche Nähebeziehung anzunehmen ist. Vor diesem Hintergrund bedarf es für den vom Gesetzgeber privilegierten Personenkreis des (zusätzlichen) Vorliegens eines konkreten, tatsächlichen Näheverhältnisses nicht. Auch scheidet eine Erweiterung dieses geschützten Personenkreises aufgrund einer einzelfallbezogenen Prüfung des Vorliegens einer besonderen sozialen Nähe angesichts der dem Gesetz zugrunde liegenden typisierenden Betrachtungsweise aus.
Entscheidend ist damit letztlich, für welchen Personenkreis der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffs der „Familie“ eine typischerweise vorliegende besondere soziale Bindung angenommen hat. Er hat eine solche Bewertung im Rahmen der auf der persönlichen Nähebeziehung und Verbundenheit gründenden Gewährung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus persönlichen Gründen vorgenommen. Dort hat er objektive Kriterien nach dem Grad der familiären Beziehung aufgestellt und hierdurch den Personenkreis definiert, innerhalb dessen nach seiner Auffassung typischerweise eine persönliche Nähebeziehung besteht. Es ist sachgerecht, diese gesetzgeberischen Wertungen auch für die ebenfalls in der persönlichen Verbundenheit begründeten Privilegierungen von Familienangehörigen in den hier einschlägigen mietrechtlichen Bestimmungen heranzuziehen. Cousins sind (nur) Verwandte in der Seitenlinie im vierten Grad. Ihnen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht (nach § 383 ZPO, § 52 StPO) nicht zu. Sie gehören somit nicht zu derselben Familie im Sinne des § 577a Abs. 1a S. 2 BGB.
Quelle | BGH, Urteil vom 10.7.2024, VIII ZR 276/23, PM 145/24
Verbraucherrecht
Tierarztkosten: Wenn der Hund operiert werden muss …
Die Therapiewahl ist grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Tierarztes. Ein vom Hundebesitzer wahrgenommenes Hinken des linken Hinterlaufs bedeutet nicht, dass die Operation am rechten Hinterlauf behandlungsfehlerhaft erfolgte. Ein Laie kann nicht sicher auf die Ursache eines etwaigen Hinkens schließen; häufig ist gerade die kollaterale Seite betroffen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die auf Rückzahlung von Behandlungskosten gerichtete Berufung des klagenden Tierbesitzers zurückgewiesen.
Es ging um die Erstattung von Behandlungskosten
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Erstattung von Behandlungskosten für seinen Hund in Anspruch. Er wollte seinen Rhodesian Ridgeback wegen Lähmungserscheinungen an einem hinteren Bein behandeln lassen. Nach Gangbeobachtungen und Röntgenaufnahmen (des rechten Hinterlaufs) vereinbarte der Kläger einen OP-Termin. Der Hund wurde dann am rechten Kniegelenk operiert.
Der Kläger verlangt nun die beglichenen Arztkosten in Höhe von rund 7.500 Euro zurück und behauptet, der Hund sei am falschen Bein operiert worden. Beauftragt worden sei die Behandlung des linken hinteren Beins. Der rechte Hinterlauf sei dagegen kerngesund gewesen.
Schon das Landgericht hatte die Klage abgewiesen
Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das LG sei nach Ausschöpfung der maßgeblichen Erkenntnisquellen zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass kein Behandlungsfehler vorliege, bestätigte das OLG. Insbesondere habe der Sachverständige schlüssig hergeleitet, „dass durchaus – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – die korrekte Gliedmaße operiert worden sei“. Er habe die anhand der Befunderhebung gesicherte Pathologie im rechten Kniegelenk nachvollziehbar als Indikation für die Operation bestätigt. Zu Recht habe er auch darauf hingewiesen, dass die „Entscheidung über das Ausmaß der Operation – und hierbei das Bein, welches operiert werden soll – letztlich der Tierarzt zu treffen hat“.
Therapiewahl ist Sache des Tierarztes
Die Therapiewahl sei grundsätzlich Domäne des behandelnden Arztes, „der jedenfalls durch den Behandlungsauftrag hier auch nicht ohne Weiteres im Vertragssinne etwa auf die Behandlung einer bestimmten Gliedmaße festgelegt, sondern vielmehr zur standardmäßigen Behandlung angehalten ist“, führte das OLG weiter aus.
Soweit der Kläger behaupte, dass vor der Operation beim Gangbild ein Hinken am linken Bein zu sehen gewesen sei, habe der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, „dass eine solche Beobachtung – zumal für den Laien – keinen Rückschluss auf eine Verortung als Ursache auch in dieser Gliedmaße erlaubt; vielmehr sei häufig die kollaterale Seite betroffen“. Auch der Nachbefund habe ergeben, dass das linke Bein befundlos gewesen sei.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Quelle | OLG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 19.8.2024 i.V.m. dem Beschluss vom 23.9.2024, 29 U 33/24, PM 60/24
Mitverschulden: Vollbremsung: Im Linienbus besser festhalten
Jeder Fahrgast ist verpflichtet, sich in einem Linienbus festzuhalten. Diesen Grundsatz hat das Amtsgericht (AG) München jetzt noch einmal bekräftigt.
Bus machte Vollbremsung
Der zum Unfallzeitpunkt 76-jährige Kläger fuhr als Fahrgast in einem Busanhänger eines Busses . Das Busgespann fuhr auf der Rechtsabbiegespur auf eine rote Ampel zu, als ein PKW kurz vor diesem auf dieselbe Abbiegespur wechselte, weshalb der Busfahrer eine Vollbremsung durchführte.
Der Kläger behauptete, er sei hierdurch gestürzt und habe Prellungen im Bereich der Brustwirbelsäule und des Beckens erlitten, zudem sei sein Daumensattelgelenk überdehnt worden. Er habe vier Wochen unter Schmerzen gelitten und sei bis heute nicht beschwerdefrei. Vor dem AG verklagte er den Fahrer des überholenden PKW sowie dessen Versicherung auf Zahlung von 2.000 Euro Schmerzensgeld sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Vollständiges Mitverschulden des Fahrgasts
Das AG wies die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme ab. Es ging zwar davon aus, dass die Fahrweise des beklagten PKW-Fahrers zum Sturz des Klägers beigetragen habe und dass die StVO ihm für den Spurwechsel ein Höchstmaß an Sorgfaltspflicht auferlege, gegen die er verstoßen habe. Die Haftung des PKW-Fahrers sei jedoch aufgrund des vollständigen Mitverschuldens des Klägers ausgeschlossen. Denn jeder Fahrgast sei verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. Dies diene dem Schutz der Fahrgäste.
Die klägerseits eingenommene stehende Position war nicht geeignet, um bei einer Bremssituation gesichert zu sein. Vorliegend zeigte nämlich ein Video der Businnenkamera, dass der Kläger sich lediglich mit der linken Hand an dem Handlauf festhielt und seine rechte Hand auf dem mitgeführten Einkaufstrolley ruhte. Die Stabilisierung mit der linken Hand sei zu schwach, um ruckartige Bremsungen auszugleichen. Der Trolley biete keinen Halt, da er selbst bei der Vollbremsung herumgewirbelt wird, wie auf dem Video zu sehen sei. Der Trolley stellte eher eine Behinderung dar, weil der Kläger ihn auch während des Sturzes nicht losließ und sich daher auch mit der rechten Hand keinen festen Halt suchte.
Weitere Fahrgäste kamen nicht zu Fall
Dies zeige sich auch daran, dass keine anderen Passagiere im Rahmen der Vollbremsung stürzten, soweit auf den eingesehenen Videos der Businnenkamera zu sehen ist. Vielmehr hielt sich z. B. eine ältere Dame, die einen der Sitzplätze direkt hinter dem Kläger belegt hatte, an der dortigen Stange fest und rutschte (im Gegensatz zu ihrer Tasche) nicht von ihrem Sitz.
So sei dem Kläger – auch aufgrund seines Alters und des Mitführens des Trolleys – vorzuwerfen, dass er sich nicht hingesetzt hat. Wie auf dem Video zu sehen sei, waren ausreichend Sitzplätze vorhanden, auch wenn der Kläger das Gegenteil behauptete. Direkt hinter dem Kläger sei z. B. ein Sitzplatz frei gewesen, der überdies eine Haltestange zum Festhalten geboten hätte.
Vollbremsung nicht überraschend
Es habe sich hier auch nicht um eine völlig überraschende – wenn auch heftige – Vollbremsung gehandelt, da im Stadtverkehr regelmäßig mit heftigen Bremsungen gerechnet werden müsse. Hinzu komme, dass der Bus unstreitig bereits ca. 50 m vorher leicht gebremst hatte, wodurch der Kläger hätte feststellen können, dass seine Position ihm einen ungenügenden Halt verschaffte.
Quelle | AG München, Urteil vom 18.10.2024, 338 C 15281/24, PM 35/24
Erbschaftsteuer: Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten und Freibeträge für Enkelkinder
Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung, die der Erblasser bereits zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten hat, erhöhen als Sachleistungsanspruch der Erben den Nachlass. Im Gegenzug sind jedoch die Bestattungskosten in vollem Umfang als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zu berücksichtigen. In einem weiteren Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) Folgendes klargestellt: Verzichtet ein Kind gegenüber einem Elternteil auf seinen gesetzlichen Erbteil, hat dieser Verzicht nicht zur Folge, dass beim Versterben des Elternteils die Enkel des Erblassers den Freibetrag i. H. von 400.000 Euro erhalten. Vielmehr erhält der Enkel nur einen Freibetrag i. H. von 200.000 Euro.
Urteil 1: Bestattungskosten bei Sterbegeldversicherung
Über folgenden Fall musste der BFH jüngst entscheiden: Der Kläger und seine Schwester sind Erben ihrer verstorbenen Tante (Erblasserin). Diese hatte eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht an ein Bestattungsunternehmen zur Deckung ihrer Bestattungskosten abgetreten. Nach dem Tod stellte das Bestattungsinstitut für seine Leistungen einen Betrag i. H. von 11.654 Euro in Rechnung. Davon bezahlte die Sterbegeldversicherung 6.864 Euro.
Das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer fest und rechnete den Sachleistungsanspruch auf Bestattungsleistungen (6.864 Euro) zum Nachlass. Für die geltend gemachten Nachlassverbindlichkeiten (einschließlich der Kosten für die Bestattung) setzte es nur die Pauschale für Erbfallkosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i. H. von 10.300 Euro an. Die nach dem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) Münster als unbegründet zurück.
Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Aufgrund der von der Erblasserin abgeschlossenen Sterbegeldversicherung ist ein Sachleistungsanspruch in Bezug auf die Bestattung auf die Erben übergegangen. Dieser fiel (wie das FG zutreffend entschieden hat) in Höhe der Versicherungsleistung von 6.864 Euro in den Nachlass und erhöhte die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer.
Im Unterschied zum FG ist der BFH aber der Meinung, dass die Bestattungskosten nicht nur in Höhe der Pauschale von 10.300 Euro abzugsfähig sind. Sie sind vielmehr in vollem Umfang als Nachlassverbindlichkeiten bei der Bemessung der Erbschaftsteuer steuermindernd zu berücksichtigen. Da die Feststellungen des FG nicht ausreichten, um die Höhe der insgesamt zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten zu bestimmen, wurde das Verfahren zurückverwiesen.
Beachten Sie | Durch das Jahressteuergesetz 2024 wurde der Erbfallkostenpauschbetrag von 10.300 Euro auf 15.000 Euro erhöht. Nach der Gesetzesbegründung soll so ein individueller Kostennachweis in der Mehrzahl der Fälle vermieden werden können. Die Erhöhung gilt für Erwerbe, für die die Steuer ab dem Monat entsteht, der der Gesetzesverkündung folgt.
Urteil 2: Freibeträge
Hintergrund: Je näher das verwandtschaftliche Verhältnis ist, umso höher ist bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG. So gelten für Kinder 400.000 Euro. Dieser Betrag gilt auch für die Enkelkinder, sofern die Kinder des Erblassers bereits vorher gestorben sind. Bei Enkeln, deren Eltern noch leben, beträgt der Freibetrag 200.000 Euro.
Im Streitfall hatte der Vater des Klägers gegenüber seinem eigenen Vater (dem Großvater des Klägers) vertraglich auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet. Als der Großvater verstarb, wurde sein Enkel gesetzlicher Erbe. Dieser beantragte beim Finanzamt, ihm für die Erbschaft einen Freibetrag i. H. von 400.000 Euro zu gewähren. Das Finanzamt bewilligte aber nur einen Freibetrag i. H. von 200.000 Euro, da sein eigener Vater zwar auf seinen gesetzlichen Erbteil verzichtet hatte, aber beim Tod des Großvaters noch lebte.
Die Klage vor dem FG Niedersachsen war ebenso erfolglos wie die Revision beim BFH.
Der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ErbStG benennt als Empfänger des höheren Freibetrags „Kinder verstorbener Kinder“. Diese Formulierung ist dahingehend zu verstehen, dass die Kinder des Erblassers tatsächlich verstorben sind. Die Vorversterbensfiktion des § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB bewirkt nicht, dass das erbverzichtende Kind als „verstorbenes Kind“ im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ErbStG gilt und dessen Abkömmlinge den Freibetrag i. H. von 400.000 Euro erhalten.
Die Freibetragsregelungen sollen die Abkömmlinge der ersten Generation (Kinder) begünstigen. Bei den Enkeln hat der Gesetzgeber die familiäre Verbundenheit nicht als so eng angesehen und gewährt somit einen geringeren Freibetrag (200.000 Euro). Lediglich, wenn die eigene Elterngeneration vorverstorben ist, sieht der Gesetzgeber die Großeltern für das Auskommen der „verwaisten Enkel“ in der Pflicht und gewährt ihnen den höheren Freibetrag von 400.000 Euro.
Beachten Sie | Eine Ausdehnung des höheren Freibetrags auf Kinder, die nur vom Gesetz als verstorben angesehen werden, die aber tatsächlich bei Tod des Großelternteils noch leben, hat der Gesetzgeber nicht gewollt.
Quelle | Nachlassverbindlichkeiten: BFH, Urteil vom 10.7.2024, II R 31/21, PM 43/24 vom 14.11.2024; Freibeträge: BFH, Urteil vom 31.7.2024, II R 13/22, PM 41/24 vom 14.11.2024
Verkehrsrecht
„Promillefahrt“: Keine Fahruntüchtigkeit durch Schnaps-Pralinen
Ein Angeklagter hatte behauptet, seine Fahruntüchtigkeit versehentlich herbeigeführt zu haben. Seine Erklärung: der Verzehr von Schnaps-Pralinen. Den alkoholischen Gehalt der Pralinen habe er nicht bemerkt. Das glaubte ihm das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. nicht.
Mit 1,32 Promille Auto gefahren
Nach den Feststellungen des Gerichts fuhr der Angeklagte im Januar 2024 gegen drei Uhr morgens mit seinen Pkw durch Hofheim am Taunus. Er hatte dabei eine Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰. Dadurch war er nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit der im Straßenverkehr erforderlichen Sicherheit zu führen. Seine Fahruntüchtigkeit, so das AG, habe der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.
Das AG belegte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe und ordnete die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Der Angeklagte hatte angegeben, dass er nach einem Saunabesuch unterzuckert in seinem Fahrzeug auf dem Parkplatz eingeschlafen sei. Er habe von einem unbekannten Pärchen einen Beutel mit annähernd tischtennisball-großen, vermutlich mit Vodka gefüllten Pralinen angeboten bekommen. Von diesen habe er acht oder neun Stück gegessen. Dass diese Pralinen mit Alkohol gefüllt waren, habe er beim Verzehr nicht bemerkt.
Angaben nicht glaubhaft: Schutzbehauptung
Diese Angaben hielt das Gericht nach durchgeführter Beweisaufnahme für nicht glaubhaft. Nach Einschätzung der Sachverständigen hätte der Angeklagte zum Erreichen der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰ ca. 0,2 bis 0,3 Liter eines hochprozentigen Getränks (40 bis 60 %) trinken müssen. Dies entspräche mindestens 132 Pralinen der Marke „Mon Chéri“. Auch wenn man zugunsten des Angeklagten davon ausgehe, dass dieser nicht neun, sondern sogar zwölf tischtennisball-große Pralinen verzehrt habe, hätte jede dieser Pralinen immer noch mehr als 2 cl, also jeweils einen „Shot“, eines 40 %-igen alkoholischen Getränks enthalten müssen. Ob man ein solches Produkt überhaupt noch als „Praline“ bezeichnen und käuflich erwerben könne, sei zweifelhaft. Jedenfalls sei es bei dieser Menge „absolut fernliegend“, dass der Angeklagte die Alkoholfüllung nicht wahrgenommen haben wolle. Es handele sich um eine nicht glaubhafte Schutzbehauptung.
Quelle | AG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.8.2024, 907 Cs 515 Js 19563/24, PM 9/24
Schadenersatz: Gutachterliche Reparaturkostenprognose statt Kostenvoranschlag rechtens
Bei kleinen unfallbedingten Schäden darf der Geschädigte einen Schadengutachter einschalten. Wenn der statt eines umfassenden Gutachtens ein dem Schadenumfang angepasstes „schmales“ Produkt zu einem Preis von ca. 100 Euro erstellt, ist das in Ordnung. So entschied aktuell das Amtsgericht (AG) Münster.
Das AG: Weder sei ein Kostenvoranschlag generell kostenlos noch sei es sicher, dass die Werkstatt die Kosten dafür später verrechnet.
Das AG Münster weiter: Bei Schäden am Stoßfänger kann es auch sachgerecht sein, diesen demontieren zu lassen, um darunter liegende Schäden auszuschließen. Die dafür entstehenden Kosten muss ebenfalls der Schädiger erstatten.
Quelle | AG Münster, Urteil vom 12.9.2024, 8 C 477/24
Kfz-Haftpflichtversicherung: Verkehrsunfall: manipuliert oder nicht?
Bei einem (echten) Verkehrsunfall muss die Haftpflichtversicherung für die Schäden aufkommen. Aber was ist, wenn die Versicherung von einer Unfallmanipulation ausgeht? Dann muss sie beweisen, dass der Geschädigte mit dem „Unfall“ einverstanden war. Das Landgericht (LG) Lübeck hat eine solche Manipulation kürzlich verneint und die Versicherung zur Zahlung verurteilt.
War der Unfall manipuliert?
Ein junger Mann feierte eine Party im Hause der Eltern. Um zwei Uhr nachts fuhr ein Gast rückwärts gegen das Auto des Gastgebervaters. Der Vater forderte die Haftpflichtversicherung zum Schadenersatz auf, doch die weigerte sich. Sie meinte, der Gast sei – in Absprache mit dem Gastgeber – absichtlich gegen das Auto gefahren, um die Versicherungssumme zu kassieren.
Landgericht: Es gab keine Verabredung zum Unfall
Das Gericht hat entschieden, dass die Versicherung die Schäden ersetzen muss. Der Fahrer und weitere Partygäste wurden zu dem Vorfall befragt und ein technischer Sachverständiger hinzugezogen. Daraus habe sich ergeben, dass der Fahrer aus Versehen gegen das Auto des Vaters gefahren sei und es gerade keine Verabredung zu einem manipulierten Unfall gegeben habe.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle | LG Lübeck, Urteil vom 26.9.2024, 3 O 193/22, PM vom 11.11.2024
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Kreditrecht: Pflichten bei Immobilienkreditgewährung gegen Provision
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: Wer einen Immobilienkredit nur gegen eine Provision gewährt, muss eindeutig angeben, ob die Provision von der Laufzeit des Kredits abhängig ist oder nicht. Fehlt es an dieser Angabe, ist von der Abhängigkeit von der Laufzeit auszugehen.
Das kann erhebliche Konsequenzen haben. Die Kreditnehmerin hatte für die Gewährung des Kredits eine Provision zu zahlen. Weit vor dem Ablauf der gewährten Laufzeit zahlte sie den Kredit dann allerdings zurück. Zugleich verlangte sie nun anteilig die Provision zurück – zu Recht, wie der EuGH annahm.
Der EuGH: In der fehlenden Belehrung über den Umstand der Unabhängigkeit der Provision von der Laufzeit liegt eine unangemessene Benachteiligung jedenfalls eines Verbrauchers.
Quelle | EuGH, Urteil vom 17.10.2024, C-76/22
Geldwerter Vorteil: Kein Arbeitslohn: Schenkung von Anteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge
Das Verschenken von Geschäftsanteilen an leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Unternehmensnachfolge führt nicht ohne Weiteres zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. So lautet eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Beachten Sie | Wird eine Mitarbeiterbeteiligung nicht zum Marktpreis übertragen, liegt der geldwerte Vorteil in der gegenüber dem marktüblichen Preis bestehenden verbilligten Übertragung. Arbeitslohn setzt aber weiter voraus, dass der Vorteil dem Arbeitnehmer „für“ seine Arbeitsleistung gewährt wird.
Das war geschehen
Die Arbeitnehmerin war seit vielen Jahren in der Führungsebene eines kleineren Unternehmens tätig. Da der Sohn der Gründungsgesellschafter als Nachfolger ausschied, beschlossen sie, die Leitung des Unternehmens zur Sicherung der Unternehmensfortführung in die Hände der Arbeitnehmerin und der weiteren Mitglieder der Führungsebene zu legen. Hierzu übertrugen sie jeweils 5,08 % der Anteile schenkweise an die Arbeitnehmerin sowie vier weitere Personen.
Finanzamt und gerichtliche Instanzen unterschiedlicher Auffassung
Das Finanzamt sah den in der Übertragung liegenden geldwerten Vorteil als Arbeitslohn an und unterwarf diesen der Besteuerung. Demgegenüber entschied das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt, dass sich der Vorteil aus der Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit der Angestellten darstellt. Dies hat der BFH nun bestätigt.
Regelung der Unternehmensnachfolge stand im Vordergrund
Auch, wenn die Anteilsübertragung mit dem Arbeitsverhältnis der Angestellten zusammenhängt, ist sie durch dieses nicht (maßgeblich) veranlasst. Denn entscheidendes Motiv für die Übertragung war für alle Beteiligten erkennbar die Regelung der Unternehmensnachfolge.
Beachten Sie | Der in der schenkweisen Übertragung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen liegende Vorteil stellt in dieser Situation keine Entlohnung der leitenden Mitarbeiter für in der Vergangenheit erbrachte oder in Zukunft zu erbringende Dienste dar.
Als maßgebliche Indizien gegen Arbeitslohn sah der BFH auch folgende Aspekte an:
-
Die Anteilsübertragung war im Streitfall nicht an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft.
-
Der vom Finanzamt angenommene Vorteil fiel im Vergleich zu den Bruttoarbeitslöhnen der Beschenkten deutlich aus dem Rahmen.
Quelle | BFH, Urteil vom 20.11.2024, VI R 21/22, PM 4/25 vom 16.1.2025
Berechnung der Verzugszinsen
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2025 bis zum 30. Juni 2025 beträgt 2,27 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
-für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 7,27 Prozent
- für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 11,27 Prozent*
- für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 10,27 Prozent.
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Übersicht / Basiszinssätze
Zeitraum | Zinssatz |
---|---|
01.07.2024 bis 31.12.2024 | 3,37 Prozent |
01.01.2024 bis 30.06.2024 | 3,62 Prozent |
01.07.2023 bis 31.12.2023 | 3,12 Prozent |
01.01.2023 bis 30.06.2023 | 1,62 Prozent |
01.07.2022 bis 31.12.2022 | -0,88 Prozent |
01.01.2022 bis 30.06.2022 | -0,88 Prozent |
01.07.2021 bis 31.12.2021 | -0,88 Prozent |
01.01.2021 bis 30.06.2021 | -0,88 Prozent |
01.07.2020 bis 31.12.2020 | -0,88 Prozent |
01.01.2020 bis 30.06.2020 | -0,88 Prozent |
01.07.2019 bis 31.12.2019 | -0,88 Prozent |
01.01.2019 bis 30.06.2019 | -0,88 Prozent |
01.07.2018 bis 31.12.2018 | -0,88 Prozent |
01.01.2018 bis 30.06.2018 | -0,88 Prozent |
01.07.2017 bis 31.12.2017 | -0,88 Prozent |
01.01.2017 bis 30.06.2017 | -0,88 Prozent |
01.07.2016 bis 31.12.2016 | -0,88 Prozent |
01.01.2016 bis 30.06.2016 | -0,83 Prozent |
01.07.2015 bis 31.12.2015 | -0,83 Prozent |
01.01.2015 bis 30.06.2015 | -0,83 Prozent |
01.07.2014 bis 31.12.2014 | -0,73 Prozent |
01.01.2014 bis 30.06.2014 | -0,63 Prozent |
01.07.2013 bis 31.12.2013 | -0,38 Prozent |
01.01.2013 bis 30.06.2013 | -0,13 Prozent |
01.07.2012 bis 31.12.2012 | 0,12 Prozent |
01.01.2012 bis 30.06.2012 | 0,12 Prozent |